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  • Stefan Waldhauser

Wie ich es mit dem Markt-Timing in der Corona-Krise halte


NASDAQ Consensus

Seit Wochen kennen die Kurse an der Technologiebörse NASDAQ nur eine Richtung. Der breit gefasste NASDAQ Composite Index ist seit seinem Jahrestief im Corona-Crash am 23. März in nur 8 Wochen um über 31% auf mehr als 9.000 Punkte angestiegen. Nur noch weniger als 10% trennen den Index von seinem All-Time-High von Mitte Februar diesen Jahres.

Dieses Allzeithoch wurde erreicht, bevor der Corona-Virus sein Unheil über Europa und Amerika gebracht hat. Seitdem hat sich die wirtschaftliche Lage der Unternehmen durch die Corona-Krise in den allermeisten Fällen deutlich eingetrübt.

Wenigen mittlerweile astronomisch bewerteten Corona-Gewinnern wie Zoom, Teladoc )und ein paar anderen wie Zscaler und Slack aus meinem High-Tech Stock Picking wikifolio) stehen wesentlich mehr Corona-Verlierer gegenüber. Dementsprechend wurden die Gewinnschätzungen der an der NASDAQ notierten Unternehmen für die kommenden 12 Monate durchschnittlich um gut 10% reduziert.

Die erwarteten Gewinne der Unternehmen fallen, gleichzeitig steigen die Aktienkurse: dadurch hat sich die Bewertung der Aktien in den vergangenen Monaten drastisch erhöht. Aktien sind so teuer wie lange nicht mehr - auch wenn viele Kurse noch weit unter ihren Höchstständen notieren.

Das durchschnittliche KGV im S&P 500 Index auf Basis der erwarteten Gewinne für 2020 beträgt fast 23. Der historische Durchschnitt liegt mehr als 30% darunter.

Für mich folgt daraus: die Börse geht derzeit von einer zügigen V-förmige Erholung der Weltwirtschaft aus. Die aktuellen Kurse sind nur dann gerechtfertigt, wenn die Gewinne der Unternehmen im 2. Halbjahr 2020, spätestens aber in 2021 sehr deutlich nach oben gehen. Die Börsen haben da schon viele gute Nachrichten vorweggenommen.

Sollte die USA jedoch in eine längere Rezession oder gar Depression fallen, dann ist wohl ein erneuter Absturz der Börsenkurse unausweichlich. Denn dauerhaft wird es nicht zu einer derartigen Entkoppelung von Realwirtschaft und Börsenkursen kommen.

Was bedeutet das jetzt für Dein Aktiendepot?

Ist das jetzt ein Grund, all Deine Aktien zu verkaufen und auf sichere Zeiten zu warten? Nein, für längerfristig orientierte Anleger sicher nicht. Und Du musst Dich schon kritisch fragen, was denn im Falle Deines Ausstiegs aus dem teuren Aktienmarkt der sichere Hafen für Dein Geld sein soll. Anleihen sind es jedenfalls nicht mehr. Und das Sparkonto ist erst recht keine Alternative zur Aktie.

Aber insbesondere die unerfahrenen Anleger unter Euch sollten sich prüfen, ob sie es ertragen können, falls das eigene Aktiendepot in den kommenden Monaten nochmals auf Tauchstation gehen sollte.

Mit den richtigen Qualitätsaktien im Depot ist das alles kein Problem, die erholen sich im Fall der Fälle auch wieder.

Was ich dann damit sagen will?

Du solltest Dich mental auf weitere Börsenstürme gefasst machen. Und bitte rechne auch damit, dass es nach einem Absturz nicht immer so schnell geht mit der Erholung wie nach dem Corona-Cash vom März diesen Jahres. Da hatte mein High-Tech Stock Picking wikifolio in 8 Wochen knapp 50% zugelegt. Mir selbst ging diese atemberaubende Erholung fast zu glatt und zu schnell vonstatten.

Ich habe meine Cashquote im High-Tech Stock Picking wikifolio mittlerweile wieder auf über 20% erhöht. Sollte die Rallye in den kommenden Wochen unvermindert weitergehen, ohne dass die wirtschaftliche Lage der Unternehmen sich deutlich verbessert, so werde ich die Barreserven wohl sogar noch weiter erhöhen.

Betreibe ich nicht doch Markt-Timing?

Eines meiner Lieblingszitate von dem legendären Fondsmanager Peter Lynch lautet:

„People spend an unbelievable amount of mental energy trying to pick what the market’s going to do. It’s just not worth it.“

Immer wieder weise ich daraufhin, dass auch ich meine Zeit nicht mit Prognosen der kurzfristigen Entwicklung der Märkte verschwende.

Manche Leser haben meine Gewinnmitnahmen der vergangenen Wochen beobachtet und mein Verhalten als Markt-Timing gedeutet. Ich verstehe dass man den Aufbau der Barreserve in Anbetracht meiner Bedenken bzgl. der gesamtwirtschaftlichen Lage tatsächlich so interpretieren kann.

Allerdings ist jede einzelne diese Verkaufsentscheidungen immer im Zusammenhang mit der erreichten Unternehmensbewertung zu sehen. Ich agiere grundsätzlich aufgrund meiner betriebswirtschaftlichen Überlegungen, niemals aufgrund meiner gesamtwirtschaftlichen Einschätzungen.

Aber wenn ein Unternehmen an der Börse deutlich mehr wert ist als ich seinen fairen Preis (in der Realwirtschaft außerhalb der Börse) einschätze, dann tue ich mich sehr schwer damit, solche Aktien weiter mit der durch den Kursanstieg erreichten höheren Gewichtung im Portfolio zu halten.

Für neue Käufe finde ich derzeit kaum attraktive Kurse. Also halte ich mein Pulver trocken und warte auf bessere Einstiegsgelegenheiten. Das muss man nicht so machen, gehört aber zu meiner Strategie mit dazu. Ich fühle mich wohl damit und darauf kommt es an.

Beispiel The Trade Desk Aktie

Durch den rasanten Kursanstieg der vergangenen Wochen hat sich die Bewertung der The Trade Desk Aktie innerhalb von nur 2 Monaten mehr als verdoppelt. Ein EV/Sales-Verhältnis von knapp 20 und ein KGV von über 100 bedeuten aktuell einen stolzen Preis.

TTD Chart

Ob der noch angemessen ist in einer Zeit, in der The Trade Desk gerade erst darüber berichtet hat, wie hart man von der Corona-Krise getroffen wurde, das mag jeder selbst für sich beurteilen. Auf dem Blog von The Digital Leaders Fund hatte ich kürzlich ein Update zur aktuellen Lage bei The Trade Desk gegeben.

Ich möchte langfristig an diesem hervorragenden Unternehmen beteiligt sein. Gerne habe ich die Aktie von The Trade Desk für das High-Tech Stock Picking wikifolio am 18. März für ca. 160$ nachgekauft. Damals betrug das EV/Sales Verhältnis weniger als 10. In der vergangenen Woche habe ich einige Anteile wieder zu Kursen von über 300$ verkauft.

War das Markt-Timing?

Ich denke nicht: es war nur ein konsequenter Vergleich des Preises der The Trade Desk - Aktie mit dem zugrundeliegenden fairen Wert des Unternehmens. Der liegt für mich derzeit zwar deutlich über 150$ pro Aktie aber auch ebenso deutlich unter 300$.

In früheren Jahren hätte ich (noch konsequenter?) wohl meine gesamte Position verkauft und auf einen späteren Wiedereinstieg zum günstigeren Preis spekuliert.

Doch aus Erfahrung wird man klug: mit einem solch konsequenten Verhalten habe ich in den letzten Jahrzehnten so manchen Tenbagger verpasst, weil ich zu früh verkauft und dann den Punkt zum Wiedereinstieg nicht mehr gefunden habe.

Daher habe ich meine Exit-Strategie im Laufe der Jahre etwas angepasst und hier für Euch zusammengeschrieben: Mit der richtigen Exit-Strategie zum Tenbagger

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