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Stefan Waldhauser

Schmerzhafter Exit aus der ZoomInfo Aktie


ZoomInfo Aktie Fallen Angel

Vertrauen ist nicht alles - aber ohne Vertrauen ist alles nichts!

Ich weiß nicht genau, von wem diese große Lebensweisheit stammt. Aber diese starke Aussage ist einer meiner wichtigsten Grundsätze in den verschiedensten Lebensbereichen. Ausdrücklich auch bei meinen Aktieninvestments.


Soll heißen: Wenn ich dem Management eines Unternehmens nicht trauen kann, dann interessieren mich auch die positiven Kennzahlen einer Aktie nicht mehr.


Sehr oft muss ich eine meiner Investmentideen verwerfen, weil ich nicht das Gefühl habe, dass ich den Menschen an der Unternehmensspitze vertrauen kann. So werde ich wohl nie in ein Unternehmen investieren, das von Elon Musk kontrolliert wird und auch Palantir kommt für mich nicht in Frage, weil ich Alex Karp nicht vertraue.


Leider kommt es ab und zu einmal vor, dass mein Vertrauen in ein Management-Team erst im Laufe der Zeit schwindet, wenn ich bereits investiert bin. Dann ist die Enttäuschung besonders gross. Und genau das ist mir jetzt bei ZoomInfo passiert.


Die ZoomInfo Aktie nach dem Q2 2024

Das Unternehmen hat mit seinen Q2 2024 Zahlen zum zweiten Mal in Folge die eigene Guidance bei Umsatz und Profitabilität verfehlt. Das wäre schlimm genug, aber die Art und Weise der Planverfehlung ist das, was besonders schmerzt und enttäuscht:


ZoomInfo musste nach dem Q2 erhebliche Abschreibungen auf ausbleibende Kundenzahlungen vornehmen. Das heißt, in den Vorquartalen abgeschlossene Verträge erweisen sich als nicht werthaltig. Forderungen werden abgeschrieben und bereits gebuchte, aber nicht realisierte Umsätze lösen sich in Luft auf.


Es handelt sich nicht um einen Einzelfall, sondern um $33 Mio. aus dem SMB-Segment der kleineren und mittleren Kunden in nur einem Quartal. Das sind immerhin über 10% des Quartalsumsatzes. Die Zahlungsausfälle sind nicht nur auf das schwächere makroökonomische Umfeld zurückzuführen:

"So certainly, we have factored in continued escalation in terms of write-off rates. And the write-offs that we do see do stem from a number of different factors."

Auf Nachfrage musste im Analystencall eingeräumt werden, dass etliche Kunden auch deswegen die Zahlungen verweigerten, weil die ZoomInfo Produkte ihnen nicht den erhofften Nutzen brachten.

"There are also instances where, particularly in the small business, that when customers don't feel that they've achieved the value that they thought they were going to, that we end up in a level of dispute with them."

Und das Management wies daraufhin, dass auch in den Folgequartalen weitere Abschreibungen nötig sein könnten.

"We feel the prudent view is to assume that the write-off situation gets worse."

"Overselling" und "Underdelivering" scheint bei ZoomInfo nicht nur gegenüber den eigenen Aktionären, sondern auch gegenüber den Kunden an der Tagesordnung gewesen zu sein. Soll heißen: Man hat vielfach das eigene Leistungsversprechen an die Kunden nicht einhalten können.


Der Abgang des ZoomInfo CFO

Der CFO Cameron Hyzer wird im Zuge der jetzt aufgetauchten Bilanzprobleme das Unternehmen verlassen. Ist er das eigentliche Problem oder lediglich ein Bauernopfer?


Wer weiß heute schon, wie weit die kreative Buchführung des scheidenden CFOs ging? 

Die Verantwortung dafür trägt letztlich immer auch der CEO.


Ein temporärer CFO aus den eigenen Reihen wurde kurzfristig ernannt und man begibt sich erst jetzt auf die Suche nach einem langfristigen Nachfolger. Diese wichtige Personalentscheidung wurde vom CEO Henry Schuck nicht gut vorbereitet und gemanagt.


Ich werde mir ZoomInfo frühestens dann wieder anschauen, wenn nach dem CFO auch der CEO abgetreten ist und ein neues Management-Team die nötigen Aufräumarbeiten durchführt.


Es gibt auch gute Nachrichten von ZoomInfo

Es gibt nach dem desaströsen Q2 auch Positives zu vermelden, zumindest wenn man den Aussagen des CEO noch glauben mag:


  • Das Unternehmen gewinnt sehr viele Kunden wieder zurück, die ein preisgünstigeres Konkurrenzprodukt ausprobiert hatten.

  • Der Free Cashflow von über $400 Mio. p.a. ist real und bedeutet eine Marge von 33% in den vergangenen 12 Monaten. Da sind wenig Tricksereien möglich, sofern es sich hier nicht um einen Fall von Bilanzbetrug handelt (wovon ich nicht ausgehe).

  • Die ZoomInfo Aktie ist mit einem EV/Sales = 3,5 und einem EV/FCF = 10 sehr günstig bewertet. 

  • Der CEO Henry Schuck hat nach dem Absturz der ZoomInfo Aktie auf nur noch ca. 8,50$ persönlich 1,5 Mio. Aktien für $12,7 Mio. gekauft.


Ich denke nach wie vor, dass das Unternehmen über gute Produkte und erstklassige Daten verfügt und in seiner Nische eine führende Rolle spielen kann. Das zeigen vor allem auch die beeindruckenden Deals mit Großkunden, die im Gegensatz zu den SMBs offenbar mit dem Wert zufrieden sind, den die Software und die Datenservices von ZoomInfo liefern.


Die Exit Entscheidung

Dennoch habe ich in den sauren Apfel gebissen und erhebliche Verluste von über 40% bei der Auflösung meiner ZoomInfo Position realisiert. Die einzige Alternative dazu wäre gemäß meiner selbst auferlegten Rule-of-30 zum Umgang mit Buchverlusten ein erheblicher Nachkauf gewesen. Der verbietet sich aber von selbst ohne eine entsprechende Überzeugung in den Investment Case.


Ein Exit nach einem solchen Absturz, wie ihn die ZoomInfo Aktie erlebt hat, birgt natürlich immer die Gefahr in sich, dass man den Investment Case zum Tiefpunkt aufgibt und dann wie der Depp dasteht. Dieses Risiko muss ich hier leider eingehen, denn ohne Vertrauen in den CEO ist alles nichts.


Die Learnings

Zwei Jahre nach den verlustträchtigen Exits bei Upstart, Compass und Similarweb muss ich mir also mal wieder einen fehlgeschlagenen Investment Case eingestehen. 


Eigentlich ist die Erfolgsquote seitdem gar nicht so schlecht, wenn ich mir die Übersicht der Transaktionen im wikifolio mit zumeist dreistelligen realisierten Gewinnen beim Verkauf von Pure Storage, Arista Networks, CrowdStrike, Qualys, Hypoport und Alphabet so ansehe.


Und seien wir ehrlich: Auch in Zukunft wird es sich nicht verhindern lassen, dass man als Investor ab und zu mal daneben liegt. Glücklicherweise muss man nicht immer richtig liegen, um überdurchschnittliche Renditen zu erzielen.


Dennoch nehme ich aus dem Fall von ZoomInfo mindestens zwei Learnings mit: 


  1. Ich muss mir noch mehr Zeit dafür nehmen, im Vorfeld eines Investments nicht nur viel zu lesen, sondern insbesondere auch Videos und Podcasts mit dem Top-Management zu konsumieren. Wenn ich mir aus heutiger Sicht ältere Videos mit dem ZoomInfo CEO anschaue, dann sehe ich einige (kleinere) Red Flags, die mir seinerzeit nicht aufgefallen sind. Hinterher ist man immer schlauer.

     

  2. Ich sollte noch skeptischer sein bei Companies, deren IPO nach dem Zusammenschluss von zwei oder mehreren Unternehmen möglich wurde. Schon seit jeher bevorzuge ich eigentlich die organische Growth-Story und stehe M+A Storys oft kritisch gegenüber. In dieser Einstellung fühle ich mich hier nochmals grundsätzlich  bestätigt. 


In meinem Musterdepot hat übrigens Twilio, ein alter Bekannter für die langjährigen Leser dieses Blogs, den Platz von ZoomInfo eingenommen. Die Gründe für diese Neuaufnahme werde ich in Kürze an dieser Stelle erläutern. So stay tuned.


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Disclaimer: Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen keine Anteile von ZoomInfo. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

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