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GitLab-Aktie zwischen KI-Vision und Realität

  • Autorenbild: Stefan Waldhauser
    Stefan Waldhauser
  • 12. Juni
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. Juni


GitLab Aktie 2025

Ich bin seit etwa einem Jahr bei GitLab investiert. Das Unternehmen betreibt eine der wichtigsten IT-Plattformen in der Welt der DevOps und DevSecOps. Falls du nicht aus der IT kommst, sind dir diese Begriffe wahrscheinlich fremd. In diesem Fall empfehle ich dir zum Einlesen in den Investment Case meine „GitLab Investment Story”.


Seit dem tragischen Rücktritt des charismatischen Sid Sijbrandij als CEO aus gesundheitlichen Gründen Ende 2024 hat die GitLab-Aktie über 30 % an Wert verloren. Auch meine eigene GitLab-Position im High-Tech Stock Picking wikifolio liegt damit jetzt deutlich im Minus.


Die GitLab-Aktie reagierte am Tag nach der Veröffentlichung der aktuellen Quartalszahlen mit weiteren zweistelligen Abschlägen, was die hohe Bewertungssensitivität bei Wachstumsaktien mit KI-Fantasie erneut verdeutlicht. Bei der kleinsten Enttäuschung der hohen Erwartungen sind diese Aktien absturzgefährdet.

GitLab Aktienkursentwicklung

Es gibt also Grund genug, mein Investment in GitLab mit diesem Beitrag gründlich auf den Prüfstand zu stellen.


GitLab-Finanzkennzahlen zum Q1 im FY 2026

Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2026 (per 30. April 2025) steigerte GitLab den Umsatz um 27 % im Jahresvergleich auf $214,5 Mio. Das ist zwar eine deutliche Wachstumsverlangsamung gegenüber 31 % im Geschäftsjahr 2025, angesichts des makroökonomisch herausfordernden Umfelds ist das jedoch ein durchaus solides (rein organisches) Wachstum. Bemerkenswert ist vor allem, wie stark GitLab gleichzeitig die Profitabilität ausbauen konnte:


  • Non-GAAP Operating Margin: +12 % (Vorjahr: –2 %)


  • Non-GAAP Net Income: $29,4 Mio. (Vorjahr: $4,5 Mio.)


  • Non-GAAP EPS (diluted): $0,17 (Vorjahr: $0,03)


  • Dollar-based Net Retention Rate (DBNRR): 122 %


Positiv ist auch, dass GitLab immer mehr Bedeutung bei großen und entsprechend finanzkräftigen Kunden gewinnt. Der Anteil von GitLab "Ultimate" am wiederkehrenden Umsatz (ARR) beträgt inzwischen 52 %. GitLab Ultimate ist die höchste kommerzielle Produktstufe der DevSecOps-Plattform von GitLab und richtet sich gezielt an große Unternehmen mit besonders hohen Anforderungen an Sicherheit, Compliance und Governance. Im Vergleich zu GitLab Premium und der kostenlosen GitLab-Version bietet Ultimate die vollständigste Funktionalität über alle Phasen des Software-Entwicklungszyklus hinweg.


Nur mit GitLab Ultimate erhalten Kunden zudem Zugriff auf die KI-Funktionalitäten von GitLab Duo Enterprise. Der Anteil von SaaS am Umsatz liegt mittlerweile bei 30 % und ist in diesem Quartal um 35 % gewachsen. Dieses profitable Wachstum bei gleichzeitiger Transformation in Richtung Cloud (SaaS) und KI ist beeindruckend.


Dennoch konnte GitLab noch nicht nachweisen, dass die neuen KI Funktionalitäten bereits heute einen Rückenwind für die Monetarisierung der Plattform bedeuten. Investoren zeigten sich dementsprechend enttäuscht, man hatte sich hier eindeutigere Signale erwartet.


GitLab-Cashflow: starke Dynamik mit Rekordmarge

Der vielleicht eindrucksvollste Wert des Quartalsberichts findet sich im Cashflow-Statement: GitLab erzielte einen Free Cashflow von 104 Millionen US-Dollar – ein Plus von fast 180 %, verglichen mit dem Vorjahr (37 Millionen US-Dollar), und zugleich ein Rekordwert in der Unternehmensgeschichte.


Die entsprechende Non-GAAP Adj. Free-Cashflow-Marge liegt bei 49 %, was GitLab nicht nur zu einem Unternehmen mit hohem Wachstum, sondern auch zu einem der effizientesten Softwareunternehmen am Markt macht. Der Rule-of-40-Score (hier einfach erklärt) beträgt auf Basis dieses Quartals 76 %, was überragend gut ist. Saisonale Effekte (gemeint sind traditionell hohe Q4-Billings, die in Q1 eingehen) haben diesen Wert begünstigt, der strukturelle Trend stimmt jedoch.


Non-GAAP Adjusted Free Cash Flow

Innerhalb von 24 Monaten ist die Free Cashflow-Marge damit von -9 % auf +49 % emporgeschnellt. Dies ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich erstklassige Softwarefirmen mit hohen Bruttomargen (bei GitLab nahe 90 %) innerhalb relativ kurzer Zeit zu wahren Cash-Maschinen wandeln können, sobald die Skaleneffekte einsetzen und die Investitionsquoten für Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung sinken.


GitLab Non-GAAP Operating Expenses

An dieser Stelle soll jedoch auch nicht verschwiegen werden, dass GitLab nach wie vor überdurchschnittlich hohe aktienbasierte Vergütungen (SBC) zahlt, die nicht cashwirksam sind und somit das Cashflow-Statement beschönigen. Der Anteil der SBC betrug im Q1 2025 satte 26 % des Umsatzes, was im Branchenvergleich schon recht hoch ist. Die Verwässerung der Aktionäre durch die Ausgabe neuer Aktien ist allerdings deutlich rückläufig und betrug in den letzten 12 Monaten nur noch 2 %, wenn man alle Optionen berücksichtigt.


Ausblick auf das FY 2026

Für das laufende Geschäftsjahr 2026 erwartet GitLab Umsätze zwischen 936 und 942 Millionen US-Dollar. Dies impliziert für das Gesamtjahr ein Wachstum von knapp 25 Prozent. Der Umsatzzuwachs fällt damit wohl etwas geringer aus als von mir vor einem Jahr erwartet.


Beim Operating Income wird (Non-GAAP) eine Steigerung auf 117 bis 121 Millionen US-Dollar erwartet. Das entspricht einer deutlich gestiegenen Profitabilität. Im abgelaufenen FY 2025 hatte das Unternehmen operativ (Non-GAAP) 77,6 Millionen US-Dollar verdient.


Mit über 1,1 Mrd. $ an Barmitteln und Wertpapieren GitLab finanziell äußerst solide aufgestellt, hat keinerlei Schulden und kann sowohl organisch als auch durch Akquisitionen wachsen.


GitLab vs. GitHub: Wettbewerbsvorteile durch Plattformtiefe und KI-native Architektur

Viele Investoren - und auch Entwicklerteams - vergleichen GitLab direkt mit GitHub von Microsoft – was nachvollziehbar ist, da beide Lösungen Code-Hosting, CI/CD (Continuous Integration und Continuous Deployment) und DevOps-Komponenten integrieren.


Für Microsoft-Bestandskunden gibt es durch das Bundling von GitHub mit anderen Microsoft-Produkten sicherlich viele Gründe, auf GitHub zu setzen.


Doch auf Enterprise-Ebene trennt sich die Spreu vom Weizen für alle Kunden, die nicht auf einen reinen Microsoft-Stack setzen. Denn es gibt mindestens drei entscheidende Differenzierungsmerkmale zugunsten von GitLab:


  1. Cloud-Neutralität und Modellfreiheit: GitLab läuft auf AWS, Azure, GCP oder On-Premise, während GitHub als reine Cloud-Plattform primär tief in Azure verankert ist.


  1. AI-Native-Plattform mit eingebetteter Kontextintelligenz: Duo Enterprise integriert KI-Funktionalität in jeden Schritt des DevSecOps-Lebenszyklus, während GitHubs Copilot primär auf Codegenerierung fokussiert ist.


  1. Dedizierte SaaS-Instanzen und FedRAMP-Zertifizierung: Wichtige öffentliche Institutionen wie das FBI wollen unabhängig von der Cloud bleiben und setzen auf den Betrieb von GitLab Dedicated im eigenen Rechenzentrum.


Die strategische Relevanz von GitLab Duo: KI ist nicht nur ein Add-on, sondern Kern der Plattform.

Ein Blick auf die aktuelle Produktentwicklung zeigt GitLabs langfristige Ambitionen. Die neueste Version GitLab 18 vereint klassische DevOps, tief integrierte Security-Features und agentische KI-Funktionalität.


GitLab Duo ist die KI-native Produktfamilie von GitLab, die KI tief in den gesamten DevSecOps-Lebenszyklus integriert – von der Codegenerierung bis zur Deployment-Automatisierung.


Einige Highlights:

  • Duo Workflow bietet Multi-Step-Automatisierungen, die Entwickler in ihrer täglichen Arbeit durch Agentic AI entlasten sollen (derzeit noch Beta-Version).


  • GitLab Duo Pro und Duo Enterprise bieten durch kontextgetriebene Vorschläge, Testgenerierung, Refactoring und Root-Cause-Analyse Unterstützung.


  • GitLab Dedicated ist jetzt zudem FedRAMP-zertifiziert, wodurch potenzielle Großaufträge der US-Regierung erst möglich werden.


Diese ambitionierten Weiterentwicklungen stützen meine zentrale Investment-These: GitLab entwickelt sich erfolgreich von einem Toolanbieter zu einem „Software Factory Backbone“ weiter und ist insbesondere für das Enterprise-Segment der größten Kunden mit stark regulierten Anforderungen auch im KI-Zeitalter technologisch führend.


Bewertung der GitLab-Aktie

Das Umsatzwachstum dürfte bei GitLab im laufenden Geschäftsjahr 2026 um ca. 5 Prozentpunkte auf „nur“ noch ca. 25 % zurückgehen.


Ein Aktienkurs von 43$ bedeutet ein EV/Sales-Verhältnis von 6,5 auf Basis des Umsatzes im laufenden Geschäftsjahr 2026. So günstig war die GitLab-Aktie seit dem Börsengang im Jahr 2021 noch nie.


Auch im Branchenvergleich ist GitLab sicherlich nicht zu teuer.

GitLab im Branchenvergleich

Ein EV/Sales-Verhältnis von 6-7 ist eine faire Bewertung für ein SaaS-Unternehmen, das mit einer Bruttomarge von nahezu 90 % um 25 % p. a. wächst. Für die weitere Entwicklung in den kommenden Jahren wird es entscheidend sein, ob die Wachstumsrate bei GitLab über 20 % p.a. stabilisiert werden kann. Die Abschwächung des Wachstums von 36 % im FY24 über 31 % im FY25 auf wohl nur noch 25–26 % im laufenden FY26 ging doch etwas zu schnell, wie ich finde.


Daher erklärt sich wohl auch die stark rückläufige Tendenz der Aktienbewertung.


Ein höheres Bewertungsniveau der GitLab Aktie könnte dann erreicht werden, wenn in den kommenden Quartalen die Cashflow-Marge auf dem zuletzt extrem hohen Niveau bestätigt werden kann. Der Cashflow wurde im Vorjahr durch eine hohe Einmalzahlung nach jahrelangen Streitigkeiten mit den niederländischen Steuerbehörden negativ verzerrt. Nach Jährung dieses Sondereffektes (im dritten Quartal FY2026) dürfte die Bewertung der GitLab-Aktie noch günstiger aussehen, sofern man das Cashflow-Multiple auf TTM Basis zugrunde legt. Warten wir es ab.


Alphabet zieht sich als Aktionär bei GitLab zurück

Die Risikokapital-Abteilung von Googles Mutterkonzern Alphabet (GV) investierte vor vielen Jahren vorbörslich in GitLab, besaß aus dieser Zeit Class B Aktien, die mit einem 10-fachen Stimmrecht ausgestattet sind. Nachdem GV im 1. Quartal 2024 GitLab Aktien in erheblichem Umfang zukaufte, seinen Anteil damit mehr als verdreifachte und damit zum größten GitLab Aktionär avancierte, rechneten viele Beobachter (mich eingeschlossen) mit einer möglichen Übernahme.

Anteilsbesitz von Alphabet an GitLab (Quelle: fintel.io)
Anteilsbesitz von Alphabet an GitLab (Quelle: fintel.io)

In den vergangenen beiden Quartalen jedoch hat Alphabet einen Großteil seiner GitLab Aktien wieder verkauft. Über die Gründe ist mir nichts bekannt, eines jedoch scheint klar zu sein: Eine Übernahme von GitLab ist anscheinend nicht (mehr) geplant.


Fazit - Ein struktureller Gewinner im KI-Zeitalter

Die soliden Ergebnisse von GitLab für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2026 unterstreichen meinen Investment Case: Der Anbieter der führenden „AI-native DevSecOps Platform“ entwickelt sich zunehmend vom Toolspezialisten zum strategisch unverzichtbaren Infrastrukturpartner für softwaregetriebene Unternehmen.


Auch wenn die Ergebnisse im Q1 nur solide, aber nicht überragend waren: GitLab ist aus meiner Sicht auf bestem Weg, sich als Standardplattform für moderne, KI-unterstützte Softwareentwicklung im Enterprise-Bereich zu etablieren. Die Aktie ist für mich ein struktureller Wachstums- und Qualitätswert, der aktuell fair bewertet ist – sofern man, wie ich, an die langfristige Relevanz einer DevSecOps-Plattform im KI-Zeitalter glaubt.


Ich habe meine GitLab Position nach den Q-Zahlen zu reduzierten Kursen behutsam weiter ausgebaut. Wenn Du die Entwicklung von GitLab zukünftig gemeinsam mit mir beobachten willst, dann kannst Du jetzt hier meinen kostenlosen Newsletter bestellen.


*Disclaimer

Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von GitLab. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

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