Der nächste Milliarden-Spin-off? Was die IAC zu einer High-Conviction-Aktie macht
- Stefan Waldhauser
- 9. Juli
- 7 Min. Lesezeit

Während die meisten Privatanleger bei US-Technologieaktien an die populären Titel aus den Magnificient 7 oder an die derzeit gehypten KI Aktien unter den Tech-Nebenwerten denken, schlummert im Hintergrund wenig beachtet ein alter Bekannter in meinem Portfolio – die IAC Holding.

Den langjährige Lesern dieses Blogs ist die Holding des Medienmoguls Barry Diller auch wegen früherer Spin-offs ein Begriff: Match Group, Vimeo oder Angi stammen allesamt aus der IAC-Schmiede. Die Strategie: Unternehmen kaufen oder selbst aufbauen, groß machen – und irgendwann ausgliedern.
Nach dem jüngsten Spin-off der Homeservices-Plattform Angi im März 2025 steht die IAC Holding nun wieder besonders fokussiert da. Im nunmehr vereinfachten Portfolio finden sich nur noch eine Handvoll großer Beteiligungen – was die Analyse der IAC Aktie etwas einfacher macht. Interessant ist das vor allem, weil der Börsenwert von IAC seit geraumer Zeit deutlich unter dem tatsächlichen Substanzwert liegt.
Warum klassische Kennzahlen nicht greifen – und SOTP die bessere Brille ist
Wer bei IAC nach einem fairen KGV oder einem EBIT-Multiplikator sucht, wird enttäuscht. Die Struktur der Holding ist zu komplex, zu verschachtelt. Um den tatsächlichen Wert zu erfassen, hilft nur eines: eine sogenannte Sum-of-the-Parts-Analyse (SOTP). Dabei wird jede Beteiligung separat bewertet – und der gesamte Wert dann addiert. So lässt sich erkennen, wie viel IAC als Ganzes tatsächlich wert ist – und ob der aktuelle Aktienkurs diesem Wert gerecht wird.
Das Ergebnis meiner aktuellen Analyse ist erstaunlich: Der innere Wert von IAC liegt bei über 6 Milliarden US-Dollar, während die Börse dem Unternehmen nur wenig über 3 Milliarden US-Dollar zugesteht. Das entspricht einem Abschlag von ca. 50 Prozent. Eine gewaltige Lücke, die sich langfristig nicht halten dürfte.
Was steckt drin? Die IAC Beteiligungen
Das Herzstück von IAC sind nach dem ANGI Spin-Off derzeit nur noch drei große Beteiligungen: ein bedeutender Anteil am Casinoriesen MGM Resorts, die Publishing-Tochter Dotdash Meredith und die Beteiligung am Carsharing-Startup Turo. Hinzu kommen kleinere Plattformen wie Care. com sowie ein prall gefülltes Cash-Polster auf Holding-Ebene.
MGM – ein verlässlicher Anker im Portfolio
IAC ist der größte Aktionär von MGM Resorts und hält derzeit rund 64,7 Millionen MGM Aktien – das entspricht etwa 23 Prozent. Beim aktuellen Kurs von gut 37 US-Dollar ergibt das einen Wert von etwa 2,4 Milliarden US-Dollar. Dieser Wert ist börsentäglich nachprüfbar, da MGM an der NYSE gelistet ist.
Noch interessanter: MGM betreibt seit Jahren ein aggressives Aktienrückkaufprogramm und hat in den vergangenen 5 Jahren fast die Hälfte seiner Aktien zurückgekauft. Je mehr MGM selbst vom Markt zurückkauft, desto größer wird IACs relativer Anteil – ganz ohne eigenes Zutun.

Derzeit ist MGM kein echtes Wachstumsunternehmen mehr, aber in einigen Jahren ist bei MGM dennoch ein deutlicher Ertragssprung zu erwarten: Denn im April 2025 startete in Japan der Bau von MGM Osaka, das ist ein riesiger Hotel-und Casinokomplex, der nach der Eröffnung (geplant im Herbst 2030) das dominierende Profit-Center von MGM werden könnte.
Bis zur Eröffnung sind es noch einige Jahre, aber irgendwann in den kommenden Jahren dürfte der Markt darauf reagieren, dass sich das Ertragspotential mit den neuen japanischen Aktivitäten deutlich vergrößern wird. MGM signalisiert eine EBITDA-Erwartung von über 2 Mrd. USD jährlich, das wäre eine 80% Steigerung gegenüber 2024.
Mit BetMGM verfügt MGM zudem über einen aussichtsreichen Player im boomenden US-Online-Casino-Markt. Nach verlustreichen Jahren des Aufbaus wird das gemeinsam mit Entain betriebene 50:50 Joint-Venture in 2025 aus einem Umsatz von über 2,6 Milliarden USD erstmals ein positives EBITDA von mindestens 100 Mio. USD erreichen.
Angesichts dieser Zukunftsaussichten ist die MGM Aktie mit einem aktuellen Cashflow-Multiple von 13 sicherlich nicht zu hoch bewertet.
Dotdash Meredith – unterschätzter Digital-Publisher
Ein zweiter zentraler Pfeiler im IAC Portfolio ist Dotdash Meredith. IAC hatte 2021 den traditionsreichen US-Verlag Meredith übernommen und mit seinen eigenen Dotdash Digitalmarken kombiniert. Das Ziel damals war es, einen schlagkräftigen Digital-Content-Konzern zu formen.
Und tatsächlich zeigt sich: Das Unternehmen hat sich nach schwierigen Jahren stabilisiert und peilt 2025 bei gut 2 Milliarden USD Umsatz ein bereinigtes EBITDA von rund 350 Millionen US-Dollar an. Ich bewerte Dotdash Meredith mit dem 9-fachen EBITDA – was einem Wert von 3,2 Milliarden US-Dollar entspricht. Nach Abzug der Nettoschulden von etwa 1,2 Milliarden US-Dollar bleibt ein Enterprise Value von ca. 2 Milliarden US-Dollar übrig. Zur Erinnerung: IAC hatte 2021 2,7 Milliarden US-Dollar für Meredith gezahlt.
Dotdash ist zwar stark von digitalen Werbeerlösen abhängig und muss nach der Restrukturierung seiner Schulden volle 7,6% Zinsen zahlen, verfügt jedoch mit seiner selbstentwickelten Targeting-Plattform D/Cipher über einen wichtigen Wettbewerbsvorteil auch für das "Cookie-less" KI-Zeitalter. Das operative Potenzial ist m.E. bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Turo – der Hoffnungsträger in der zweiten Reihe
Weniger präsent, aber durchaus spannend ist die rund 32-prozentige Beteiligung der IAC an Turo, einer Peer-to-Peer-Carsharing-Plattform, die als das „Airbnb für Autos“ gilt. Turo wollte ursprünglich schon 2022 an die Börse, hat die Pläne jedoch angesichts des schwierigen IPO-Marktes mehrfach verschoben.
Derzeit wird Turo auf dem vorbörslichen Markt nach einem deutlichen "Kursrückgang" im Zusammenhang mit den misslungenen IPO Plänen "nur noch" mit rund 1,45 Milliarden US-Dollar bewertet – was IACs Anteil bei ca. 500 Millionen US-Dollar verankert.

Sollte sich das Börsenfenster wieder öffnen und Turo doch noch erfolgreich an den Markt gehen, könnte diese Beteiligung wieder deutlich an Wert gewinnen. Eine andere Exit-Alternative könnte eine Turo-Übernahme z.B. durch Uber sein, meine Gedanken dazu hatte ich in der Uber Investment Story dargelegt.
Weitere kleinere Beteiligungen
Neben den drei großen Blöcken besitzt IAC weitere digitale Plattformen wie Care. com, Ask Media Group oder Vivian Health. Diese sind zwar nicht börsennotiert und einzeln betrachtet nicht riesig, erwirtschaften aber solide Umsätze von über 500 Millionen US-Dollar und positive Cashflows. Ich setze für dieses Paket nach deutlichen Wertverlusten solcher Online-Werte einen vorsichtigen Wert von rund 300 Millionen US-Dollar an – eher zu konservativ als zu optimistisch.
Cash
Ein oft übersehener Werttreiber ist der Cashbestand auf Holdingebene. IAC verfügt derzeit über mehr als 900 Millionen US-Dollar an liquiden Mitteln, die nicht bei Tochtergesellschaften gebunden sind. Dieses Kapital steht dem Management zur Verfügung – für Aktienrückkäufe, neue Investments oder Schuldentilgungen. Gerade in einem unsicheren Marktumfeld ist dieser finanzielle Spielraum ein starkes Argument.
Die Holdings der IAC Aktie im Überblick
Beteiligung | Wert (Mrd. USD) |
---|---|
MGM | 2,4 |
Dotdash Meredith | 2,0 |
Turo | 0,5 |
Other (Care, Ask, Vivian, Daily Beast) | 0,3 |
Cash (Holding) | 0,9 |
Summe | 6,1 |
Diesem Substanzwert von über 6 Milliarden USD steht derzeit (bei einem IAC Aktienkurs von knapp 39 USD und 80,1 Mio. ausstehender Aktien) eine IAC Marktkapitalisierung von nur 3,1 Mrd. USD gegenüber.

Alleine die MGM Beteiligung und die Barmittel auf Holdingebene übersteigen den gegenwärtigen Börsenwert der IAC.
Warum notiert IAC mit so großem Abschlag?
Trotz des klar identifizierbaren Wertes der IAC erkennt der Markt diesen also auch nach dem Angi Spin-Off bisher nicht an. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Erstens leidet IAC unter dem klassischen Konglomeratsabschlag. Anleger mögen heutzutage fokussierte Geschäftsmodelle – Unternehmen mit mehreren Beteiligungen gelten als unübersichtlich und schwer zu bewerten.
Zweitens gibt es Bedenken bezüglich der Unternehmensführung. Der inzwischen 83 jährige Barry Diller hält über Aktien mit Mehrfachstimmrechten die Kontrolle – was institutionelle Investoren skeptisch macht.
Drittens ist das Portfolio in der jüngeren Vergangenheit nicht nur von Erfolgen gekrönt gewesen. Einige Beteiligungen wie Care .com oder Dotdash Meredith notieren deutlich unter dem Einstiegspreis der IAC. Die SpinOffs Match Group (2020) und Vimeo (2021) haben sich nach der Abspaltung nicht gut entwickelt. Beim jüngsten Spin-Off Angi (2025) ist noch keine klare Tendenz erkennbar.
Und viertens spielt auch das konjunkturelle Umfeld eine Rolle: Digitale Werbung ist konjunkturabhängig. Wenn Unternehmen Werbebudgets kürzen, spüren das Plattformen wie Dotdash Meredith unmittelbar. Zudem gelten viele der klassischen Online Plattformen im IAC Portfolio als Verlierer im kommenden KI Zeitalter.
Was muss passieren, damit der Wert gehoben wird?
Trotz dieser Herausforderungen gibt es eine ganze Reihe von Katalysatoren, die das Potenzial haben, den IAC Kurs zumindest mittelfristig deutlich nach oben zu treiben:
Zum einen wäre ein Börsengang oder Spin-off von Dotdash Meredith ein großer Hebel. Sollte das Unternehmen separat an der Börse notieren, ließe sich der Wert viel transparenter darstellen. Ein solches Event könnte leicht 1 bis 2 Milliarden US-Dollar an zusätzlichem Börsenwert freisetzen und damit einen Kurssprung der IAC Aktie auslösen.
Auch Turo bleibt ein möglicher Katalysator. Sobald das IPO-Fenster wieder offen ist, könnte die Plattform schnell an den Markt gehen. Mit dem Rückenwind durch neue Mobilitätstrends oder eine Übernahme (etwa durch Uber) könnte der Wert deutlich steigen.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Aktienrückkäufe. IAC hat eine laufende Rückkaufautorisation über 10 Millionen Aktien – das entspricht fast 15 Prozent des Free Float. Werden diese Rückkäufe konsequent umgesetzt, dürfte sich das positiv auf den Aktienkurs auswirken.
Risiken, die Anleger im Blick behalten sollten
Trotz aller Chancen ist IAC keine risikolose Wette. Das digitale Werbegeschäft bleibt zyklisch, eine mögliche Disruption durch KI ist schwer prognostizierbar. Die Beteiligungen sind teilweise illiquide, zudem ist die Zinslast bei Dotdash Meredith mit rund 7,6 Prozent alles andere als gering.
Und seien wir ehrlich: auch Barry Diller hat in der jüngeren Vergangenheit nicht immer den perfekten Riecher bewiesen. Er ist mittlerweile 83 Jahre alt und es hat der IAC Aktie in 2025 sicherlich nicht geholfen, dass er als Executive Chairman nach dem Abgang von Joey Levin wieder mehr in die operative Verantwortung für die IAC gerückt ist.
Fazit: Ein klarer Fall für langfristig denkende Value-Anleger
Die IAC-Aktie ist kein Spekulationsobjekt für das nächste Quartal – aber zum heutigen Kurs ein spannendes Langfrist-Investment für geduldige Anleger, die Value im Tech-Bereich suchen.
Der innere Wert der IAC Holding liegt klar über dem aktuellen Börsenkurs, und die Bilanz bietet Schutz nach unten. Gleichzeitig eröffnen jederzeit mögliche strategische Entscheidungen – etwa ein Spin-off oder IPO von Dotdash Meredith – die Chance auf eine deutliche Wertfreisetzung.
Kurz gesagt: Wer heute bei IAC einsteigt, kauft einen Dollar für rund 50 Cent – und sichert sich damit nicht nur Substanz, sondern auch strategische Optionen für die Zukunft. In einem Markt, in dem Wachstumsstories oft viel zu hoch bewertet sind, ist das eine seltene Gelegenheit. Daher bleibt die IAC auch in Zukunft ein Kerninvestment in meinem Portfolio.
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Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzt Anteile von IAC und Angi. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.