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Round-Trip-Finanzierung: So hält Nvidia die KI Party am Laufen

  • Autorenbild: Stefan Waldhauser
    Stefan Waldhauser
  • 26. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit
Round-Trip-Finanzierung: So hält Nvidia die KI-Party am Laufen

Vor 12 Monaten habe ich einen viel gelesenen Artikel über die KI-Blase an den Tech-Börsen veröffentlicht. Darin habe ich drei wesentliche „Proof Points“ für die Existenz dieser KI-Blase beschrieben (Hier kannst Du den Beitrag nachlesen). Es ging dabei um:


  • die Knappheitspreise, die für KI-Chips gezahlt werden

  • die kreative Buchführung der LLM-Provider

  • den AI Goldrausch in der VC Industrie


Bisher haben sich meine damals geäußerten Bedenken als unbegründet erwiesen. Nun sind die ersten drei Quartale des Jahres 2025 fast vorüber und von dem befürchteten KI Crash ist weit und breit nichts zu sehen. Die AI Rallye ist scheinbar nicht zu stoppen. 


Ganz im Gegenteil: Die Position von Nvidia als wertvollstes Unternehmen der Welt hat sich verfestigt. Die Marktkapitalisierung von Nvidia ist seit Jahresbeginn noch einmal um über 30 % auf 4,3 Billionen USD emporgeschossen.


Auch die vorbörsliche Bewertung von OpenAI stieg innerhalb von nur 12 Monaten von 157 Mrd. USD auf aktuell angeblich 500 Mrd. USD.


Die atemberaubenden Summen, um die es in diesem KI Goldrausch geht, werden immer größer und sind fernab von allem, was die Wirtschaftswelt bisher gesehen hat. Zumindest suggerieren das die Schlagzeilen:


  • Im Stargate-Projekt sollen 500 Mrd. USD (vor allem von Oracle, Softbank und OpenAI) in KI Rechenzentren in den USA investiert werden.

  • Nvidia will 100 Mrd. USD in OpenAI investieren. Zunächst sollen 10 Mrd. USD in bar an den ChatGPT-Hersteller fließen. Dafür wird Nvidia 2 % stimmrechtslose OpenAI Aktien erhalten und damit deren Bewertung von 500 Mrd. USD bestätigen.

  • OpenAI will in den kommenden Jahren insgesamt über 1 Billion USD investieren. 


All diese gigantomanischen KI Schlagzeilen der letzten Wochen und Monate führten dazu, dass die Aktien der beteiligten Unternehmen – allen voran Nvidia und Oracle – immer neue Kurssprünge machten.


Kursanstieg der Aktien von Nvidia und Oracle in den letzten drei Jahren

In der gegenwärtigen Marktstimmung genügt den Investoren offenbar die Tatsache, dass die Investitionen in KI Infrastruktur immer weiter steigen, als klarer Hinweis für den Siegeszug der KI.


Kaum jemand stellt kritische Fragen, obwohl bei den jüngsten KI Deals eigentlich mehr Fragen offenbleiben als beantwortet werden.


Daher habe ich hier einige meiner Beobachtungen und offenen Fragen in diesem Zusammenhang zusammengestellt. 


Du wirst sehen: Es ist schon einigermaßen abenteuerlich, wie dieses Financial Engineering funktioniert. Aber keine Angst: Am Ende dieses Beitrags gibt es noch einige Tipps, wie ich mich als Investor auf die Erdung der KI Finanzakrobaten vorbereite.


Round-Tripping sichert Nvidia Umsätze


Nvidia hat es trotz der zunehmenden Konkurrenz bisher mit Bravour geschafft, die Preise für seine GPUs hochzuhalten. Ein Server mit 72 Blackwell Chips (GB200-NVL72-Server) kostet meinen Informationen zufolge immer noch ca. 3 Mio. USD, das sind ca. 40.000 USD pro GPU. Dieser Preis ist sehr stabil. Eine deutliche Preiserosion war auf Hardware-Ebene bisher nicht zu beobachten.


Nvidia-Fans sehen darin den Beweis für die technologische Überlegenheit der Blackwell Chips gegenüber der Konkurrenz. Ich betrachte das etwas differenzierter, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Stundenpreise für die Nutzung von B200 GPUs „as a Service“ in der Cloud durchaus in Bewegung sind.


Die Preise, die die verschiedenen Cloud Provider für die B200 GPU aufrufen, liegen weit auseinander und zeugen von einem durchaus wettbewerbsintensiven Markt auf der Ebene der Nvidia Kunden. 


Preise für die Nutzung einer Nvidia B200 GPU

Nvidia verkauft seine Hardware also weiterhin zu stabilen Knappheitspreisen an Cloudprovider, die dennoch teilweise mit Kampfpreisen um Kundschaft buhlen.


Wie das zusammenpasst? Ich weiß es nicht.


Was wir jedoch wissen, ist, dass Nvidia zur Freude seiner Aktionäre die ohnehin traumhaften Margen in den vergangenen Quartalen sogar noch weiter ausweiten konnte. Das operative Ergebnis betrug im vergangenen Quartal 61 % des Umsatzes! Von Margendruck keine Spur. 


Meiner Meinung nach ist der Grund jedoch nicht nur eine aus der überlegenen Technologie resultierende monopolartige Marktposition, sondern auch ein brillantes Financial Engineering, das böse Zungen auch als „Round-Trip“-Geschäftslogik bezeichnen. 


Das heißt:

Nvidia nutzt seine unglaublich hohen Cashzuflüsse, um große Summen in seine eigenen Kunden zu investieren, damit diese weiterhin die Nvidia-Chips zu Mondpreisen kaufen.

Das ist nicht neu.

Eine neue Dimension gewinnt dieses fragwürdige Geschäftsmodell jedoch, wenn Nvidia sogar Garantien dafür übernimmt, dass man den Cloud-Providern ungenutzte KI-Kapazität abnimmt bzw. für deren Geschäfte bürgt und im Zweifelsfall die eigenen Chips in einem „Lease-back“ Geschäft wieder zurückmietet. 

Ein paar konkrete Beispiele gefällig?


1) CoreWeave mit Nvidia Sicherheitsnetz

Nvidia ist seit 2023 als Aktionär bei CoreWeave an Bord (siehe hierzu meinen Beitrag: CoreWeave – eine tickende Zeitbombe). CoreWeave kauft Nvidia Hardware in großem Stil und vermietet die GPUs weiter, vor allem an OpenAI und Microsoft.


Am 15. September 2025 hat CoreWeave nun den Kreis geschlossen: Nvidia verpflichtete sich, bis April 2032 bis zu 6,3 Mrd. $ an unverkaufter Cloud-Kapazität abzunehmen.


Damit ist Nvidia ein faktischer Backstop für CoreWeave, d.h. Nvidia fungiert wie ein finanzielles Sicherheitsnetz für CoreWeave. Das Ziel besteht darin, potenzielle Verluste abzudecken, das Vertrauen der Anleger zu stärken und die Stabilität bei Transaktionen zu gewährleisten.


Für Nvidia bedeutet das, dass man den Absatz der eigenen GPUs zu hohen Preisen heute sicherstellen kann, wofür man u. U. später für zugekaufte Rechenstunden zahlt. Für CoreWeave bedeutet es eine Absatzgarantie jenseits der zwei Großkunden.


2) Lambda - „Zurückmieten“ der eigenen GPUs

Anfang September wurde bekannt: Nvidia mietet 18.000 GPUs für insgesamt 1,5 Mrd. $ von Lambda. Pikant: Viele dieser Systeme hatte Nvidia zuvor an Lambda verkauft.


Damit hat Nvidia heute Umsätze erzielt, während in der Zukunft Mietaufwand anfällt. Zudem ist Nvidia als Investor bei Lambda involviert. Strategisch stärkt Nvidia somit einen weiteren „Neocloud“-Partner, der wiederum Nvidia-Chips abnimmt. 


3) OpenAI: Partner, Kunde – und jetzt Beteiligung

Am 22. September 2025 haben Nvidia und OpenAI einen bedeutenden Letter of Intent verkündet. OpenAI will eigene Rechenzentren bauen und mindestens 10 GW Nvidia-Systeme der Vera-Rubin-Generation einführen. 10 GW würden ausreichen, um mehrere große Städte mit Strom zu versorgen. Um das einmal in eine andere Perspektive zu rücken: Die riesige Azure-Cloud-Sparte von Microsoft hatte 2023 eine Kapazität von "nur" etwa 5 GW. 


Die Kosten für diese OpenAI-Rechenzentren sollen schätzungsweise 500 bis 600 Mrd. USD betragen, wovon 350 bis 450 Mrd. USD für Nvidia-Equipment einzuplanen sind. 


Nvidia beabsichtigt, bis zu 100 Mrd. $ schrittweise in OpenAI zu investieren – parallel zur Lieferung der Chips. Um die Finanzierung zu ermöglichen, sollen die Chips von OpenAI nicht gekauft, sondern von Nvidia geleast werden.

 

Dadurch wird die Nachfrage von OpenAI nach Nvidia-Systemen mit dem Kapital von Nvidia, das sich an OpenAI beteiligt, verknüpft – genau die Art von „zirkulärer“ Finanzierung, die Beobachter als potenziellen Treiber des KI-Booms und zugleich als Risikofaktor sehen.


Kreative Finanzierung bei OpenAI und Co.


Das geplante Leasing der Serverchips von Nvidia könnte die finanzielle Belastung für OpenAI verringern. Und das ist auch dringend nötig. Denn das Unternehmen prognostiziert ohnehin schon einen Cashburn von 115 Milliarden Dollar bis 2029 aufgrund hoher Rechenkosten.


Der geplante riesige Leasing-Deal zwischen Nvidia und OpenAI könnte so gestaltet werden, dass die Risiken auch für Nvidia minimiert werden. Nvidia könnte eine Gesellschaft gründen, die sich das Geld für den Kauf der Server leiht und die Chips als Sicherheiten nutzt. Die Leasingzahlungen von OpenAI könnten zur Rückzahlung des Darlehens verwendet werden.


Auch andere Rechenzentrumsbetreiber suchen schon länger nach kreativen Wegen, um die enormen Kosten für Nvidia-Hardware zu finanzieren. In den letzten Jahren haben mehrere Betreiber ihre Einrichtungen teilweise durch die Verwendung von Nvidia-Chips als Sicherheit für Kredite in Milliardenhöhe finanziert.


Laut der Financial Times ist seit 2024 mit der "GPU-besicherten Finanzierung" ein eigener Kreditmarkt für Neoclouds wie CoreWeave und Lambda mit einem Volumen von über 10 Mrd. $ entstanden. Neben Banken wie der Macquarie Group sind Private-Credit-Häuser wie Blackstone, PIMCO, Carlyle und BlackRock in diesem Markt als Geldgeber aktiv.


Klingen bei solchen Worten wie „GPU-besicherte Finanzierung“ eigentlich auch bei euch die Alarmglocken? Wie kommt man um Himmels willen auf die Idee, dass Nvidia GPUs auch langfristig wertstabil sind und als Sicherheiten bei einem über viele Jahre laufenden Kredit dienen können? Mir ist das alles ein Rätsel.


OpenAI hätte trotz der zumindest teilweise vorhandenen Akzeptanz von GPUs als Sicherheiten wahrscheinlich dennoch Schwierigkeiten gehabt, bei diesen Geldgebern Geld für den Kauf von Nvidia-Chips aufzunehmen. Die Kreditgeber hätten angesichts des prognostizierten Cash-Burns die Fähigkeit des Unternehmens, diese langfristig zu finanzieren, wohl infrage gestellt. 


Der Leasing-Deal mit Nvidia erscheint da duchaus logisch und ist vielleicht sogar der einzig gangbare Weg. 


Wird OpenAI in zehn Jahren das wertvollste Unternehmen auf diesem Planeten sein, wie ich schon mehrfach gelesen habe? Oder wird Sam Altman die wohl größte Pleite hinlegen, die die Welt je gesehen hat? 

Ich möchte Sam Altman nicht unterschätzen, aber – bei allem Respekt - ich gehe nach wie vor davon aus, dass er keinen belastbaren Plan hat, wie OpenAI jemals profitabel werden kann. Schon allein deswegen würde ich weder vorbörslich noch nach einem eventuellen IPO in OpenAI investieren. 


Das Risiko eines Crashs ist riesengroß. Sam hat vor wenigen Wochen in einem Interview selbst gesagt, dass wir in einem KI Hype leben, in dem viele Investoren viel Geld verlieren werden.


Sollte man deshalb jetzt komplett aus Aktien aussteigen?

Im ausführlicheren Beitrag zu Thema erläutere ich auf meinem englischsprachigen Substack (Paywall) , wie ich mich auf den möglichen Crash vorbereite und wie ich plane, die wohl unweigerlich kommenden Börsenstürme zu durchsegeln.



Disclaimer: Dieser Artikel gibt eine Meinung wieder und stellt keine Anlageberatung dar.

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