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  • Stefan Waldhauser

7 Gründe warum Privatanleger erfolgreicher investieren als Fondsmanager


Erfolgreicher Privatanleger

Dies ist der zweite Teil meiner kleinen Blogserie zum Thema Aktives oder Passives Investieren. In Teil 1 (Aktive oder Passive Anlagestrategien - Bin ich ein Dino oder was?) habe ich Euch die Ergebnisse meines seit 15 Jahre laufenden Langzeitexperimentes vorgestellt. Eine ganze Gruppe von Privatanlegern hat dabei mit verschiedenen Strategien zur Aktienanlage deutlich überdurchschnittliche Renditen erwirtschaften können. Für mich ist damit bewiesen, dass Privatanleger den Gesamtmarkt sehr wohl langfristig schlagen können mit einer geeigneten Anlagestrategie. Die Anhänger des passiven Investierens wie Gerd Kommer in seinem Standardwerk zu diesem Thema liegen also m.E. falsch mit der Behauptung, dass es generell unmöglich sei, erfolgreiches Stockpicking zu betreiben.

Allerdings sind tatsächlich etliche wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die allermeisten professionellen Fondsmanager es nicht dauerhaft schaffen, ihre Benchmark (i.d.R. ist das ein geeigneter Index, der ihr Anlageuniversum abbildet) signifikant zu übertreffen. Ich zweifle diese Studien keinesfalls an, im Gegenteil: auch ich bin der Meinung, dass der allergrößte Teil der Fondsmanager - insbesondere diejenigen aus den großen Häusern der etablierten Finanzindustrie - den Index nicht schlagen.

Insofern rate ich genauso wie Herr Kommer von der Geldanlage in aktiv gemanagte Fonds in den allermeisten Fällen ab.

Bleibt also die Frage warum etlichen Privatanlegern etwas gelingt, das die Profis offenbar nicht schaffen?

Ich denke es liegt vor allem an den folgenden 7 erheblichen Nachteilen, die man als professioneller Fondsmanager in der Asset-Management-Industrie in Kauf nehmen muss gegenüber einem unabhängigen Privatinvestor:

1. Hohe Nebenkosten

Die Befürworter der passiven Anlagestrategien argumentieren gerne mit den weit geringeren Nebenkosten für passive Buy+Hold-Strategien gegenüber aktiv verwalteten Portfolios. In der Realität sind die tatsächlichen Kosten für ein Depot aus Einzelaktien sehr unterschiedlich je nachdem bei welcher Bank/Broker man handelt und wie oft man seine Investments umschichtet. Ich halte meine Aktien i.d.R. mehrere Jahre und handele bei einem günstigen Online Broker, meine Gesamtkosten liegen daher jährlich in der Größenordnung von 0,2-0,3% des Depotvolumens. Bei einem Kurzfrist-Trader, der sein Depot mehrere Male jährlich umschichtet, entstehen natürlich wesentlich höhere Transaktionskosten. der von mir hochgeschätzte Andre Kostolany hatte Recht mit seinem berühmten Spruch: „Hin und Her macht Taschen leer“.

Die Nebenkosten von aktiv gemanagten Aktienfonds sind sehr unterschiedlich, aber in jedem Fall wesentlich höher als bei einem Einzelaktiendepot, da die folgenden zusätzlichen Kosten vom Anleger getragen werden müssen: die Verwaltungsgebühr und die Betriebskosten des Fonds werden genauso wie eine evtl. Erfolgsbeteiligung i.d.R. direkt vom Fondsvermögen abgezogen und belasten damit die Performance des Fonds. U.a. fallen erhebliche Kosten wegen der zahlreichen Auflagen der Regulierungsbehörden an. Ein evtl. zu zahlender Ausgabeaufschlag, der die Provisionen für den Fondsverkäufer enthält, sowie die Transaktionskosten innerhalb des Fonds kommen zu diesen Kosten noch dazu. I.d.R. summieren sich all diese Kosten auf zu ca. 3% p.a. - zumindest ich habe mit meinem Einzeldepot also hier schonmal einen Kostenvorteil von gut 2,5% p.a.

2. Begrenztes Anlageuniversum

Ein Fondsmanager unterliegt meist vielen Restriktionen und kann sein Kapital nicht etwa beliebig flexibel investieren, sondern muss sich an die ihm vorgegebenen Regeln halten. So kann es z.B. Beschränkungen geben bzgl. der Marktkapitalisierung, der Branche, des Heimatlandes, der Dividendenfähigkeit,… sein Anlageuniversum ist mehr oder weniger begrenzt. Zudem gibt es oftmals eine Höchstgrenze für die Gewichtung einer Aktie im Fonds. D.h. wenn ein Titel besonders gut läuft, muss der Fondsmanager manchmal viel zu früh Gewinne realisieren, um diese Höchstgrenze nicht zu verletzen. Im Gegensatz dazu ist der unabhängige Privatinvestor i.d.R. völlig frei in der Auswahl und der Gewichtung seiner Einzelaktien.

3. Ungeplante Mittelabflüsse

Gerade in schwachen Marktphasen kann es passieren, dass Anleger ihr Geld aus einem Fonds abziehen wollen und der Fondsmanager daher gezwungen ist, zu niedrigen Kursen in einem schwachen Markt zu verkaufen, um die Mittelabflüsse zu ermöglichen. Der Fondsmanager kann also im Gegensatz zu einem unabhängigen Privatanleger nicht immer dann kaufen oder verkaufen wann er will, sondern er muss reagieren auf die Mittelzuflüsse- oder -abflüsse in seinem Fonds.

4. Große Anlagesummen

Ein Fondsmanager verwaltet natürlich viel größere Anlagesummen als ein Privatanleger. Dies bringt zwei grosse Nachteile mit sich: einerseits sind kleine Nebenwerte mit einer geringen Marktkapitalisierung grundsätzlich uninteressant für den Fondsmanager, da er dort überhaupt keine nennenswerten Gelder anlegen kann, ohne die Kurse erheblich in die Höhe zu treiben. Ist das Handelsvolumen in einem Wert zu klein (das ist die Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum gehandelten Aktien), so ist es zudem für den Fondsmanager kaum möglich, bei Bedarf wieder auszusteigen, ohne die Kurse abstürzen zu lassen. All das ist für einen unabhängigen Privatanleger i.d.R. kein Problem, solange er nicht in extrem marktenge Titel investiert.

5. Windowdressing

Ein Fondsmanager muss zum Ende eines Jahres oder sogar zum Ende eines jeden Quartals Rechenschaft ablegen über sein Abschneiden. Dies führt zu kurzfristigen Maßnahmen mit dem einzigen Ziel, den Fonds zu diesem Stichtag besonders gut dastehen zu lassen. So kaufen Fondsmanager kurz vor dem Ende des Quartals oder Jahres noch einmal besonders die Aktien, die sie schon in ihren gemanagten Fonds haben, um die Kurse und damit auch die Wertentwicklung des eigenen Fonds positiv zu beeinflussen. Oder es werden Titel gekauft, die in der abgelaufenen Periode besonders gut gelaufen sind, um dem Eindruck entgegenzuwirken, man habe einen Trend verpasst. Ein unabhängiger Privatanleger hat solche unsinnigen und oftmals kontraproduktiven Aktionen natürlich nicht nötig.

6. Kurzfristiger Erfolgszwang

Ein Fondsmanager wird grundsätzlich von seinem Arbeitgeber kurzfristig an seinen Ergebnisses in einem bestimmten Kalenderjahr beurteilt. Sein Bonus und damit ein erheblicher Teil seines Gehaltes hängt an dem kurzfristigen Erfolgsausweis zum Jahresende. Im schlimmsten Fall muss ein Fondsmanager um seinen Job fürchten, wenn die Performance zum Jahresende nicht passt. Ein Privatanleger spürt diesen kurzfristigen Druck nicht und kann langfristiger denken. Dies wirkt sich zweifelsohne positiv auf die Performance aus, denn kein Mensch kann vorhersagen, wann die Börse eine vorhandene Unterbewertung eines Unternehmens korrigiert.

7. Antizyklisches Denken

Eng mit diesem langfristigeren Ansatz zusammenhängend ist die konsequent antizyklische Verhaltensweise, die man bei vielen der erfolgreichsten Privatinvestoren beobachten kann. Ein Fondsmanager kann es sich kaum leisten gegen die Mehrheit der Analysten zu handeln, da er sich spätestens am Jahresende rechtfertigen muss, wenn sein antizyklisches Verhalten noch nicht erfolgreich war. Ich habe in den vergangenen Jahren einige meiner erfolgreichsten Investments getätigt, indem ich zu sehr niedrigen Kursen bei Werten eingestiegen bin, die kein Fondsmanager mehr anfassen wollte, da sie so unpopulär waren. Siehe z.B. meine Investitionen in Barrick Gold oder Commerzbank in meinem wikifolio Stock-Picking nach Peter Lynch. Dies sind dann oft die besten Kaufgelegenheiten für Privatinvestoren.

Ich hoffe diese 7 Gründe machen auch für Euch verständlich, warum es die professionellen Fondsmanager so schwer haben, mit den erfahrenen unabhängigen Privatanlegern mitzuhalten.

Im Endeffekt sind es die Rahmenbedingungen der traditionellen Finanzwirtschaft, die es den Fondsmanagern fast unmöglich machen, den Gesamtmarkt zu schlagen.

Das Dilemma

Wir befinden uns also in einem Dilemma: einerseits habe ich im ersten Teil dieser kleinen Artikelserie gezeigt, dass aktive Anlagestrategien deutlich überlegen sein können gegenüber den ETF-Investments. Auf der anderen Seite verhindert aber die klassische Finanzindustrie den Erfolg ihrer eigenen aktiven Fondsprodukte.

Der Ausweg

Es gibt jedoch m.E. einen Ausweg aus diesem Dilemma auch für diejenigen Privatanleger, die nicht die nötige Zeit oder Lust haben, ihr eigenes Depot zu verwalten.

Denn zum einen gibt seit einigen Jahren neue FinTech-Unternehmen, welche die Vermögensverwaltung mit neuen kostengünstigeren Modellen verändern wollen und als Alternative zum klassischen aktiv gemanagten Fonds auf den Markt drängen. Die bekannteste derartige Plattform im deutschsprachigen Raum ist sicherlich wikifolio.

Ich selbst habe nach reiflicher Überlegung die Herausforderung angenommen, trotz der hier beschriebenen Nachteile einen eigenen Aktienfonds, The Digital Leaders Fund, zu gründen. Ich glaube mit einer unabhängigen Fondsboutique kann man durchaus erfolgreich sein mit dem aktiven Management eines Fonds. Warum kannst Du hier nachlesen.

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