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  • Stefan Waldhauser

Aktien shorten? Ein Geständnis.


Aktien shorten


Ich gebe es zu: Seit 18 Monaten führe ich in gewisser Hinsicht ein Doppelleben. 


Bislang habe ich mich hier und in den Sozialen Medien ja als Long-Only Investor präsentiert. Und das war auch über 30 Jahre lang zu 100% korrekt: Nachdem ich in den späten 80er Jahren als Student einiges an Lehrgeld beim Spekulieren auf fallende Kurse gezahlt hatte, investierte ich von 1990 bis 2021 ausschließlich langfristig in Aktien als das was sie sein sollten: echte Unternehmensbeteiligungen. 


Dann kam der Tech-Crash anno 2022. Und ich ärgerte mich maßlos. Zwar hatte ich die Gesamtsituation rund um die allgemein völlig überbewerteten Technologie- und Wachstumsaktien im Vorfeld dieses Bärenmarktes grundsätzlich richtig eingeschätzt. 

Aber aufgrund meiner Long-Only Strategie musste ich dennoch miterleben, wie auch mein eigenes Portfolio nach einigen Fehlern böse unter die Räder kam.


Zwischenzeitlich verlor mein Musterportfolio gut 50% an Wert. Zum dritten Mal in den vergangenen 30 Jahren (nach dem Platzen der Internetblase zur Jahrtausendwende und der Finanzkrise 2008/2009) war es mir nicht ansatzweise gelungen, dem Bärenmarkt zu entkommen. Wie denn auch: Eine Long-Only Strategie bedeutet nunmal, dass es keine Möglichkeit gibt, an fallenden Kursen zu verdienen.


Die Durchschnittsrendite, die ich für mein investierbares Musterportfolio (nach allen Kosten) trotz des Crashs seit 2016 erzielte, liegt aktuell bei gut 13% p.a. Das ist in Ordnung und entspricht in etwa meinem eigenen Anspruch an mich selbst.


Aber im Bärenmarkt war das angesichts des hohen Drawdowns nur ein schwacher Trost. Denn viele Anleger können eine solche Volatilität gar nicht aushalten und haben im Crash 2022 zu Tiefstpreisen dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt.


Man lernt an der Börse nie aus


In den vergangenen Jahren durfte ich einige spannende Gespräche mit erfahrenen Fondsmanagern und anderen Profi-Investoren führen, die mich ins Grübeln brachten. Diese schlauen Köpfe waren überwiegend davon überzeugt, dass ich meine Gesamtperformance weiter verbessern und gleichzeitig das Risiko senken könnte. Wenn ich denn bereit wäre, meine Stock-Picking Strategie um ausgewählte Short-Positionen zu ergänzen.


Das bedeutet in meinem Fall, dass ich zu bestimmten Zeitpunkten (z.B. rund um einen Quartalsbericht) auf fallende Aktienkurse bei einem überteuerten Unternehmen spekuliere, sofern es gute (fundamentale) Gründe für einen Kursrutsch gibt. 


Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe im Laufe von 2022 still und heimlich damit angefangen, mit einzelnen zusätzlichen Short-Positionen auf fallende Kurse zu experimentieren. Dabei probierte ich verschiedene Ansätze (Leerverkäufe, Put-Optionsscheine) und auch verschiedene Broker für Privatanleger in Deutschland aus. Das Jahr 2023 habe ich genutzt, um mehr Erfahrung mit Shorts auch in einem Jahr allgemein steigender Kurse zu sammeln. 


Und siehe da: Ich habe bisher erstaunliche Ergebnisse erzielt. Die sind fast zu gut, um wahr zu sein. Aber dazu mehr in einem zukünftigen Beitrag.


Hier nur ein Beispiel: Viele von Euch wissen, dass ich seit langer Zeit ein bekennender Tesla Bär bin. Und tatsächlich konnte ich mit der Spekulation auf fallende Tesla-Kurse nach den Quartalszahlen zuletzt mehrfach großartige Erfolge feiern. Ebenso mit Leerverkäufen von einigen anderen aus meiner Sicht qualitativ fragwürdigen Unternehmen aus der zweiten Reihe.


Tesla Kursreaktionen

Jetzt fragt ihr Euch vielleicht, wie ich das Short Selling konkret in der Praxis betreibe, zumal ich doch in einem früheren Beitrag Privatanlegern mal explizit davon abgeraten habe. Bevor ich dieses Praxis-Know-How, das ich mir selbst erst in den vergangenen Jahren angeeignet habe, in den kommenden Wochen und Monaten mit Euch teile, möchte ich hier noch eine Warnung aussprechen:


Aktien shorten kann gefährlich sein


Ja, ich bin mittlerweile tatsächlich davon überzeugt, dass man als ERFAHRENER Marktteilnehmer (diese Einschränkung ist ganz wichtig) sein fundamentales Wissen rund um Einzelaktien auch im Falle von Überbewertungen erfolgreich am Kapitalmarkt einsetzen kann, um mit Leerverkäufen Geld zu verdienen. 


Aber die Instrumente, die man für das Short Selling benutzt, können für unerfahrene Anleger sehr gefährlich sein. Das ist ähnlich wie beim Autofahren: Es ist keine gute Idee, einem Fahranfänger gleich einen Porsche in die Garage zu stellen. Auch wenn dieser noch so einfach zu fahren ist: Das Unfallrisiko ist für den Anfänger einfach höher als bei einem kleinen Kompaktwagen.


Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich über meine Long/Short Erfahrungen schreiben oder das Thema aufgrund der potentiell hohen Risiken für mich behalten sollte. Denn naturgemäß sind diese Short-Positionen eher kurzfristig angelegt und für sich betrachtet wesentlich spekulativer als meine auf Jahre angelegten Unternehmensbeteiligungen.


Durch dieses öffentliche Bekenntnis zum “Shorten” muss ich mich zudem jetzt wohl endgültig damit abfinden, auch mal mehr oder weniger abschätzig in die Trader-Schublade gesteckt zu werden. Und wer mich kennt (einen lieben Gruß an meine Freunde bei wikifolio), der weiss, dass ich jahrelang dagegen angekämpft habe.


Aber vielleicht gibt es diese strikte Trennung zwischen Trader und Investor tatsächlich nur in meinem Kopf. Die Welt ist nunmal nicht schwarz/weiss. Und es kommt mir zunehmend falsch vor, über diesen Aspekt meiner Börsenaktivitäten zu schweigen.


Zudem ist ist offenbar so, dass viele junge Leute eher vom Trading fasziniert sind als vom seriösen, aber manchmal langweilig erscheinenden, langfristig orientierten Investieren.


Wo sind die jungen Aktionäre geblieben? 


Zumindest lese ich so die neuesten Zahlen vom Deutschen Aktieninstitut, die auf ein echtes Problem unserer Aktienkultur hinweisen. Im Jahr 2023 waren über 500.000 junge Leute weniger am Aktienmarkt aktiv als im Jahr zuvor, das ist ein Minus von 12% in nur einem Jahr. 


DAI Aktionärszahlen

Eine halbe Million junger Anleger in Deutschland hat den jüngsten Bärenmarkt 2022 also entweder nicht überlebt oder hat ihr Depot inzwischen komplett mit anderen Assetklassen bestückt. Aufgrund der 2023 boomenden Krypto Märkte dürften viele junge Anleger in diese Richtung abgedriftet sein. To the Moon!


Aber im Ernst: Das sind katastrophale Zahlen vom DAI. Sie belegen, dass es für Leute wie mich, denen die Aktienkultur der jüngeren Generation am Herzen liegt, mehr zu tun gibt als je zuvor. Gerade weil die Zahl der jungen Aktionäre in den Jahren zuvor deutlich angestiegen war.


Ich fühle mich selbst irgendwie betroffen von dieser Flucht der jungen Leute aus der Aktie. Aber seien wir ehrlich: Ich erreiche mit diesem Blog und meinen Aktivitäten auf X, Threads und Instagram trotz erheblichem Aufwand leider nur eine winzig kleine Nische von i.d.R. männlichen Personen, die meist schon einiges an Börsen-Know-How mitbringen.


Und dabei bin ich ursprünglich doch damit angetreten, um einen Beitrag zur Finanzbildung gerade für die jüngere Generation zu leisten.


Der Traum vom schnellen Geld


Die jungen Leute erreiche ich jedoch mit meinen meist schriftlichen Inhalten leider kaum. Diese konsumieren stattdessen TikTok bzw. Instagram-Reels oder werden via YouTube von unzähligen selbsternannten Trading Coaches mit der Aussicht auf schnellen Reichtum geködert.


Anstatt das sauer verdiente Startkapital vernünftig anzulegen und das Investieren Schritt für Schritt zu erlernen, geben junge Hobby-Börsianer im schlimmsten Fall 4-stellige Summen für zweifelhafte Ausbildungen zum Daytrader aus. Dabei geht es dann vor allem um Charttechnik und kaum um die Aktie als echte Unternehmensbeteiligung. 


Ich möchte Euch in diesem Zusammenhang gerne an einen alten Beitrag von mir erinnern: Was von den Traumrenditen der Daytrader zu halten ist.


Darin schrieb ich Anfang 2020:

Wenn ein Trader stabil 4% pro Monat erwirtschaften würde, dann wäre sein Startkapital nach 10 Jahren um mehr als den Faktor 100 angewachsen. Aus 10.000 € hätte so ein Trader in 10 Jahren über 1,1 Mio. € gemacht. Nach 20 Jahren wären es über 122 Mio. €.
Warum bitte schön sollten diese Leute ihre Börsenbriefe oder Trader-Coachings an Euch verkaufen wollen, wenn sie wirklich langfristig solche Renditen erwirtschaften könnten mit ihrer jeweiligen Strategie?

Bis heute bleibe ich dabei: Wer Euch 3-5% pro Monat als realistisches langfristig erreichbares Performance-Ziel beim Trading verkaufen will, der ist unseriös. Egal um welche Assets (Aktien, Krypto, Rohstoffe, Währungen) oder welche Trading-Strategie es geht.


Was dürft Ihr von mir erwarten? 


Auf diesem Blog bzw. in meinem Newsletter und meinen Social Media Kanälen gibt es auch in Zukunft sämtliche Aktienanalysen und mein Wissen kostenlos und für alle frei verfügbar. Obwohl ich einige gut gemeinte Ratschläge erhielt, die sich für eine Monetarisierung dieses Blogs in Richtung eines Börsenbriefes aussprachen, so nach dem Motto: “Was nichts kostet, ist auch nichts wert”. 


Ich hoffe, dass ihr gemeinsam mit mir anderer Meinung seid. Und dass ihr diesem Blog weiter die Treue haltet, auch wenn ich meine Strategie zukünftig etwas ergänze und bei entsprechendem Marktumfeld auch mal über meine Short-Ideen schreibe. 


Ich bin selbst gespannt, zu welchen Ergebnissen das langfristig führt. Mein Ziel bleibt natürlich wie bisher auch, eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen und die Entstehung für Euch 100% transparent zu machen. 


Erfahrene Hedgefonds Manager agieren mit einer Zielrendite von 20% p.a.

An denen muss ich mich wohl mit meinen 56 Jahren, davon 35 Jahren an der Börse, messen lassen. Sonst dürfte ich mich nicht auf dieses glatte Parkett einer Long/Short Strategie begeben.


Ein solches Ziel hört sich für mich sehr ambitioniert, aber nicht völlig unrealistisch an. Ich liebe Herausforderungen!


Was bedeutet das nun für diesen Blog? 


Selbstverständlich steht meine altbewährte High-Growth-Investing-Strategie auch zukünftig im Mittelpunkt meines Handelns. Es wird hier weiter zuallererst um vielversprechende Investment-Stories aus der zweiten Reihe gehen sowie um eher strategische Themen rund ums Portfoliomanagement. Ich bin und bleibe natürlich in allererster Linie ein unternehmerisch denkender Aktionär.


Dazu kommt im Laufe von 2024 neuer Content rund um das Long/Short-Trading, den ihr bisher wohl nicht auf diesem Blog erwartet hättet. Mir fallen da auf Anhieb etliche Themen ein: 


  • Welche Werkzeuge benutze ich zum Shorten?

  • Welche Fallstricke gibt es zu beachten? 

  • Wie sieht es mit dem Risikomanagement aus?

  • Welche konkreten Short-Ideen habe ich?


Wenn Euch das interessiert, dann könnt ihr jetzt hier meinen kostenlosen Newsletter abonnieren. Und wenn ihr mich in meiner Arbeit unterstützen wollt, dann teilt diesen Beitrag gerne mit Euren Freunden, Bekannten oder Kollegen, die sich fürs Trading interessieren. Insbesondere falls die gerade über eine teure Trader-Ausbildung nachdenken sollten.

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