Mein Ausflug in die Welt der Daytrader

Ich komme gerade von der World of Trading - Messe (WoT), die aktuell in Frankfurt stattfindet. Dort war ich auf Einladung von Wikifolio, um mich und mein High-Tech Stock Picking Wikifolio an ihrem Stand vorzustellen - und dieses Angebot habe ich natürlich gerne angenommen. Mit diesem Beitrag versuche ich, meine Eindrücke von der Messe zu verarbeiten.
Mein Fazit: Ich kam mir als längerfristig orientierter Investor schon etwas deplatziert vor - nicht unbedingt am Wikifolio-Stand, aber doch beim ganzen Treiben rundherum.
Vielleicht nicht wirklich überraschend - denn die WoT es ist ja auch eine Trading- und keine Investorenmesse. Aber ist schon spannend zu beobachten, wie sich in den vergangenen Jahren zusammen mit dem langjährigen Börsenaufschwung eine ganze Branche entwickelt hat rund um die Daytrader.
Die Daytrader - Szene
Da werden Live-Trading-Wettbewerbe abgehalten sowie Trader-Software, Fachliteratur und vor allem Trader-Ausbildungen verkauft. Jeder glaubt fest daran, dass man anstelle eines normalen Berufes doch auch mit Daytrading sein Einkommen erzielen könne. Wenn man nur seine Hausaufgaben macht - in Florida oder zumindest auf Mallorca am Strand sitzend natürlich.
Die Gurus
Vorgelebt wird das von einigen Gurus in der Szene, die diesen Weg tatsächlich erfolgreich beschritten haben und die jetzt von ihren Anhängern wie Promis gefeiert werden. Ich wurde immer wieder ungläubig angeschaut, wenn ich offenbart habe, dass ich diese super-erfolgreichen Daytrader nicht kenne. Etwas verwundert bin ich allerdings, dass gerade diese Promi-Trader dann oftmals mehr oder weniger teure Traderschulungen etc. verkaufen - als Nebenverdienst sozusagen...
Mein Deja-Vu
Mich hat die Stimmung insgesamt schon sehr an die Zeit um die Jahrtausendwende erinnert. Überrascht war ich, dass das Alter dieser Daytrader bunt gemischt ist. Neben den Jungspunden, die bisher nur den langen Börsenaufschwung seit der Finanzkrise von 2009 kennengelernt haben, gibt es auch jede Menge Leute jenseits der 50 - vorwiegend Männer natürlich.
Ich glaube da sind auch viele Ex-Banker dabei, die sich im Vorruhestand befinden und jetzt mit eigenem Geld und kurzfristigen Strategien spekulieren - mit hohem Hebel und CFD's natürlich. Einzelaktien und die Unternehmen hinter diesen Aktien interessieren nur am Rande...
Wikifolio - Gemeinsam besser Investieren
Am gut besuchten Wikifolio-Stand ging es hingegen etwas weniger heiss her: hier wurde mindestens genauso viel über das Investieren wie über das kurzfristige Trading gesprochen. Ich durfte mein High-Tech Stock Picking wikifolio im Rahmen eines Interviews näher vorstellen und habe natürlich meinen Teil dazu beigetragen, die Diskussion mehr in Richtung eines längerfristigen Ansatzes zu lenken.
Auch der neue Slogan von Wikifolio „Gemeinsam besser Investieren“ zeigt, dass die Wikifolio-Macher erkannt haben, dass eine rein auf Trader fokussierte Positionierung vielleicht etwas zu einseitig wäre.
Überrascht war ich, dass doch etliche der Wikifolio-Verwalter wie auch ich schon im fortgeschrittenen Alter sind und viel Erfahrung mitbringen. Klar gibt es auch die Jungen Wilden, die ohne jede Erfahrung in einer Baisse jetzt €10 Mio. Anlegerkapital in einem Wikifolio-Zertifikat verantworten mit ihrem Muster-Portfolio - aber das sind die Ausnahmen denke ich.
Insgesamt hatte ich von Wikifolio und dem Team einen sehr positiven Eindruck und ich glaube die Plattform ist auf einem guten Weg auch durch weniger gute Börsenzeiten hinweg. Ich fühlte mich voll bestätigt in meiner Analyse, die ich vor einigen Wochen rund um das Thema Wikifolio-Risikomanagement geschrieben hatte: Wikifolio - Demokratisierung der Geldanlage oder Eldorado für Zocker?
Lang+Schwarz: Chapeau!
Besonders interessant war für mich ein Gespräch mit einem Mitarbeiter von Lang+Schwarz. Er hat mir etwas näher erläutert, was hinter den Kulissen stattfindet, wenn in größeren Stil Wikifolio-Zertifikate gehandelt werden. Ich bin voller Respekt für das was Lang+Schwarz da leistet mit ihrem überschaubaren Team von 50-70 Leuten.
Herausfordernd sind natürlich auch für sie diejenigen volumenstarken Wikifolios, die in marktenge Nebenwerte investieren. Lang+Schwarz geht davon aus, dass die Risiken jedem Beteiligten bewusst sind. An dieser Stelle bin ich mir immer noch nicht sicher, wie die große Mehrheit der Wikifolio-Anleger so tickt.
Degiro - probieren geht über studieren
Ein weiteres gutes Gespräch hatte ich mit einem Mitarbeiter von Degiro. Ich bin schon länger auf der Suche nach einer Alternative zur Consorsbank als dem Onlinebroker meines Vertrauens und werde wohl Degiro nun mal ausprobieren. Das macht auf mich alles einen sehr vernünftigen, seriösen und gleichzeitig innovativen Eindruck.
Das „Problem“ mit Degiro als holländischem Broker ist die Tatsache, dass keine Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt wird, sondern vom Anleger selbst im Rahmen der Einkommensteuererklärung erledigt werden muss. Aber das Thema des Steuerreportings soll wohl von Degiro gut aufbereitet und längst nicht so kompliziert sein wie ich immer befürchtet hatte.
Ich werde Euch bei Gelegenheit über meine Erfahrungen mit Degiro berichten.
In meinem Artikel über die nötigen 3 Schritte vom Sparer zum Investor hatte ich die Problematik der Wahl des geeigneten Brokers ja schon mal thematisiert.