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Andreas Kins

RPA - Roboter erobern das Büro


Ich freue mich sehr, heute seit längerem mal wieder einen spannenden Gastbeitrag veröffentlichen zu dürfen. Mein heutiger Gastautor Andreas Kins hat beruflich mit Software-Robotern im Büro zu tun - und zwar auf der Kundenseite. Er hat seine Erfahrungen im Bereich Robotic Process Automation (RPA) in diesem Blog-Post für Euch zusammengeschrieben. Andreas führt unter dem Tradernamen “AnTraHers” das wikifolio Dach StarCollection.

Roboter

In der Industrieproduktion gibt es schon seit Jahrzehnten das Bestreben einfache, sich wiederholende Handgriffe durch physische Roboter zu automatisieren. Wenn immer die gleichen Handgriffe nötig sind, um ein Teil von Maschine A auf Maschine B zu legen, kann es Sinn machen, keinen Menschen einzusetzen, der die Teile bewegt, sondern einen Roboter. Besonders ausgeprägt ist die Automatisierung seit vielen Jahren in der Automobilindustrie.

Roboter erobern nun auch das Büro

In den letzten Jahren ist das automatische Abarbeiten sich wiederholender Prozesse im Büro verstärkt in den Fokus der Unternehmen gerückt. Einfache Tätigkeiten, welche keinen geistigen Input benötigen, sondern lediglich fest vorgegebenen Regeln folgen, lassen sich automatisieren. Das Prinzip ist nicht ganz neu. Schon seit vielen Jahren gibt es die Möglichkeit, Skripte zu verwenden wie beispielsweise Makros in Excel. Diese sind jedoch Großteils auf Dateneingaben/-änderungen innerhalb von Programmgrenzen gebunden, da sie nicht intelligent genug waren, um den Kontext außerhalb fixer Programmgrenzen mit Hilfe von AI (Artificial Intelligence) zu erfassen.

Was ist Robotic Process Automation?

Was sich nun in der letzten Zeit geändert hat, ist die gesteigerte Intelligenz der Programme, dadurch die verbesserte Möglichkeit Aktionen programmübergreifend auszuführen und die nötige Software mit überschaubarem Aufwand zu programmieren. Bei der RPA (=Robotic Process Automation) handelt es sich nicht um physische Roboter, die einen PC bedienen, sondern um reine Software, welche Nutzereingaben (sprich Tastatureingaben und Mausklicks) simuliert. Die Software, also das Script bzw. der Roboter, kann normale Programme wie Outlook, Excel und SAP übergreifend bedienen.

Beispiel aus dem B2B - Einkauf

Ein Einkäufer möchte die Angebote für iPhones aller Versionen und deren Preise eines Webshops sichten und übersichtlich in einer Excel darstellen. Da es sich bei der Arbeit hauptsächlich um einfache Klick-Arbeit handelt, die wenig menschliche Intelligenz erfordert, lässt sie sich gut automatisieren. Die Abarbeitung der Aufgabe benötigt keine komplexen Entscheidungen, die nur ein Mensch treffen kann. Die meiste Intelligenz wird benötigt beim Erkennen, welcher Text auf der Seite interessant ist, wann und wie die nächste Seite aufgerufen werden soll und wann das Ende erreicht ist.

Nachdem der Vorgang durch einen Roboter automatisiert zur Verfügung steht, muss der Einkäufer nur noch eine Mail mit dem gewünschten Suchbegriff an die Mailadresse des Roboters senden. In diesem Fall ist das die Information nach was gesucht werden soll: „iPhone“. Das Script arbeitet dann in der Cloud im Hintergrund auf den Servern des RBA-Unternehmens, das seine Software-Roboter als SaaS (Software as a Service) anbietet und nicht etwa auf dem eigenen PC.

Der Nutzer kann somit normal weiterarbeiten, ohne sich mit der an den Roboter delegierten Arbeit aufzuhalten. Er erhält nach wenigen Minuten ein Excel-Sheet mit der Übersicht als Anhang in einer Mail zurückgeschickt. Wenn er nun andere Artikel auswerten möchte, so müsste er nur eine Mail mit geändertem Suchwort (z.B. „Lenovo ThinkPad“ oder „Blackberry“) an die Mailadresse des Roboters senden.

Roboter sind kein Hexenwerk

Ein solcher Software-Roboter lässt sich relativ leicht erstellen und zwar ohne umfangreiche Programmier-Kenntnisse. Das Programm muss zwischen Excel, dem Webshop und dem Mailanbieter wechseln und intelligent die richtigen Textbausteine auf der Webseite identifizieren. Zunächst kopiert das Programm die relevanten Informationen aus der Webseite in die entsprechenden Felder einer neuen Exceltabelle, wechselt danach auf die nächste Seite im Webshop und wiederholt das Ganze, bis alle Seiten erfasst wurden. Danach wird eine neue Mail erstellt, die Excel als Anhang beigefügt und an den Absender der initialen Mail zurückgesandt.

Ich habe dieses Beispiel gewählt, da es in einem interessanten Erklärungsvideo genutzt wird, das ich zum besseren Verständnis empfehle. Es ist zwar immerhin 30 Minuten lang, gibt aber einen guten Einblick in die Möglichkeiten mit RPA.

(Fast) unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten von RPA

Die Einsatzmöglichkeiten von RPA sind vor allem in größeren Unternehmen mit festen Prozessketten sehr groß. Fast jede Abteilung hat stupide Klick-Arbeiten, die wenig geistigen Input benötigen und sich automatisieren lassen. Starten lässt sich die Abarbeitung durch einen Software-Roboter mit Hilfe von vordefinierten Triggern, die jeder Mitarbeiter nutzen kann. Gängig ist eine Mail mit den für den Vorgang nötigen Informationen an eine spezielle Mailadresse zu senden. Die Abarbeitung erfolgt viel schneller, günstiger und zuverlässiger als bei einem Menschen. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen für den Roboter stets gleich bleiben. Wenn z.B. unser Webshop aus dem Beispiel ein neues Layout bekommt, so wird der Roboter abbrechen und muss angepasst werden. Ein Mensch kann sich jedoch einfach auf solche Veränderungen einstellen.

Die Analystenfirma Tractica rechnet mit einem sehr starken Wachstum des Market auf $5,1 Mrd. bis 2025. Allzu belastbar schätze ich die Schätzung jedoch nicht ein. In den letzten Jahrzehnten versuchten Unternehmen oftmals, einfache Aufgaben in Service Center in günstige Niedriglohnländer zu verlagern. Nachdem dies mehr oder weniger gut geklappt hat, geht der Trend nun dazu, einfache Tätigkeiten zunächst durch RPA zu automatisieren und erst falls dies nicht möglich ist, die Tätigkeit zu verlagern. Sprich: Unnötige Klick-Arbeit ist auch dann noch zu teuer, wenn sie durch “günstige” Mitarbeiter ausgeführt wird.

Es gibt schon heute ein Dutzend unterschiedliche Roboter-Typen, die verschiedene Aufgabenbereiche abdecken können. Mit der zunehmenden Steigerung der Mächtigkeit künstlicher Intelligenz werden die Einsatzbereiche in der Zukunft noch weiter zunehmen und zusätzlichen Raum für Wachstum bieten.

Was kann ein Roboter konkret leisten?

Ein Roboter (auch kurz "Bot" genannt) ist die abstrakte Bezeichnung für eine Recheneinheit. Ein Roboter ist grundsätzlich nicht auf gewisse Aufgaben eingeschränkt, sondern kann prinzipiell - bei entsprechender Programmierung- seine Rechenpower auf alle nötigen repetitiven Prozesse anwenden. Nachdem ein Finanzprozess zum Erfassen, Archivieren und Weiterverarbeiten von Rechnungsscans abgearbeitet wurde, kann z.B. als nächstes ein Prozess im Vertrieb und danach ein Prozess im Wareneingang bearbeitet werden. Die Roboter werden i.d.R. im Subskriptionsmodell vom Anbieter gekauft, haben meist einen eigenen Benutzernamen + Passwort und eine eigene Mailadresse. Mit einer Lizenz für einen Roboter kauft man sich also einen „Abarbeiter“ von Aufgaben. Dieser arbeitet sequentiell die Aufgaben ab. Wenn die Kapazität eines Roboters nicht ausreicht, so müssen weitere Lizenzen erworben werden. Die Kosten eines Roboters betragen grob 1/3 von denen eines günstigen Mitarbeiters.

Risiken

Die RPA Lösungen werden aktuell von den großen IT-Beratungsunternehmen gepusht, die es als neue Technologie anpreisen und das komplette Beratungspaket anbieten. Jedoch werden z.B. von Mc Kinsey auch einige Risiken nicht verschwiegen und sollen hier genannt werden:

  • Der Pflegeaufwand der Software Roboter wird häufig unterschätzt (Wartung, Sicherheit, Upgrades)

  • 30 % Automatisierungsgrad spart nicht 30% der Kosten

  • Mitarbeiter werden teils überflüssig gemacht und haben somit keine Motivation, an Vorhaben zur RPA mitzuwirken

  • Kleine Änderungen an Eingabemasken oder anderen Rahmenbedingungen erfordern teils größere Anpassungen der Software-Roboter

Anbieter im Bereich RPA

Es gibt einige spezialisierte Anbieter am Markt. Zu den größten gehören die britische Blue Prism Group (In London börsennotiert) sowie die amerikanischen Wettbewerber UI-Path und Automation Anywhere.

Die Anbieter sich technisch durchaus miteinander vergleichbar und es gibt aktuell keine Dominanz im Markt. Für die Zukunft muss sich zeigen, welches Unternehmen technisch bei der Weiterentwicklung der Einsatzmöglichkeiten und der künstlichen Intelligenz die Nase vorn haben wird.

Der Markt wird meiner Meinung nach noch deutlich wachsen. RPA ist schon in vielen Konzernen angekommen, jedoch wird es noch nicht flächendeckend eingesetzt. Tätigkeiten aus teuren Ländern einfach nur 1:1 (Pick and Drop) in günstige Länder zu verlagern, ist nicht mehr zeitgemäß. Tätigkeiten und Abläufe beim Verlagern zu verbessern, automatisieren und nur noch die nötigen manuellen Schritte durch Menschen bearbeiten zu lassen, ist kostensparender und sicherlich die Zukunft (Pick and Fix).

Investieren in RPA Aktien

Es gibt leider bisher nur wenige Möglichkeiten, in reinrassige RPA-Anbieter zu investieren.

Die genannte Blue Prism Group ist seit 2016 in UK börsennotiert (PRSM), der Umsatz ist im letzten Geschäftsjahr um über 150% gewachsen auf knapp 25 Mio. GBP. Die Unternehmensbewertung beträgt allerdings nach einer irren Rallye mit einem Kursanstieg von weit über 1.000 Prozent seit dem IPO mittlerweile schon stolze 1,2 Mrd. GBP.

Die US-Wettbewerber UI Path und Automation Anywhere haben ihren Börsengang noch vor sich. Das ursprünglich in Rumänien gegründete UI Path ist eines der sogenannten Unicorns. Das Unternehmen konnte Anfang 2018 in seiner letzten Finanzierungsrunde über $100 Mio. Kapital von VC-Investoren zu einer Bewertung von mehr als $1 Mrd. einsammeln. Automation Anywhere ist ebenfalls ein privates Unternehmen. Der Anbieter behauptet von sich, der größte RPA Anbieter zu sein - ohne allerdings bisher konkrete Umsatzzahlen zu veröffentlichen.

Der Gastautor Andreas Kins führt ein erfolgreiches Dachwikifolio unter dem Namen Dach StarCollection. In einem weiteren Gastbeitrag hatte Jens Jatho vor einigen Monaten das Konzept des Dachwikifolios im Beitrag "Ist ein Dachwikifolio die bessere Alternative zu ETF und Indexfonds?" hier im Blog vorgestellt.

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

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