Warum “Buy the Dip” keine gute Aktienstrategie ist
Update eines erstmals im März 2021 erschienenen Beitrags:
Nun ist sie also in vollem Gange, die von mir lange erwartete heftige Korrektur bei ehemals überteuren High-Growth Aktien. Die breiten Aktienindizes wie MSCI World oder S&P 500 notieren nur knapp unter ihrem Allzeithoch notieren und auch der NASDAQ 100 hat gerade mal 7% verloren. Aber die in den Vorjahren hochgejubelten Wachstumsaktien sind geradezu unter die Räder gekommen.
Insbesondere viele SaaS-Unternehmen, Cloud-Werte und andere populäre Technologieaktien sind mittlerweile viel preisgünstiger zu haben als noch vor wenigen Monaten. Der NASDAQ Cloud-Index hat in den letzten 8 Wochen fast 30% eingebüßt. In diesem Umfeld hat es auch die Portfolios vieler prominenter Tech Investoren wie Cathie Wood (ARK Invest) heftig erwischt.
Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mein High-Tech Stock Picking wikifolio bisher recht gut durch diesen Sturm der High-Growth-Aktien navigieren konnte. Ein Drawdown von -12% seit dem All-Time-High meines Musterportfolios ist zwar deutlich schlechter als der NASDAQ100 Index (-7%), die Korrektur fühlt sich aber zumindest für mich bisher alles andere als dramatisch an.
Gesundheitscheck für Dein Portfolio
Es wird mal wieder Zeit, auch Dein eigenes Aktienportfolio einem kleinen Gesundheitscheck zu unterziehen. Gerade in Zeiten steigender Zinsen und Inflationsraten empfiehlt sich eine kurze Bestandsaufnahme:
Wie war Deine Performance in der Korrektur der letzten Monate?
Wenn Du mehr als 25% vom Höchststand Deines Aktiendepots eingebüßt hast, dann bist Du zu wahrscheinlich zu einseitig in Technologie- und "Mode-"aktien investiert!
Bitte überlege Dir doch mal, ob Du wirklich so hohe Risiken eingehen willst, oder ob nicht doch etwas mehr Diversifikation Deinem Depot gut tun würde.
Was ist von "Buy the Dip" zu halten?
Immer wieder höre ich von Privatanlegern und Finfluencern auf Social Media (fast schon gebetsmühlenartig) den Ratschlag: “Buy the Dip”.
Das kommt meist von denjenigen, die noch weniger als 10 Jahre Börsenerfahrung haben und somit den Aktienmarkt bisher im wesentlichen als Einbahnstraße kennengelernt haben.
Diese Anleger sind der Meinung, die Aktienkurse wachsender Unternehmen würden automatisch immer weiter steigen und jede ernsthafte Korrektur von 30% oder 50% würde automatisch eine Kaufgelegenheit bedeuten.
Dem kann ich nur entgegnen: seid Euch da nicht zu sicher! Im Endeffekt kommt es auf die Bewertung im Einzelfall an. Oder um es etwas plumper auszudrücken: Im Einkauf liegt der Gewinn. Viele der zurecht tief gefallenen Aktien werden ihre ehemaligen Höchstkurse wohl auf Jahre hinaus nie wieder sehen.
Ein Blick auf meine Watchlist
Wenn ich auf die besten Cloud-Companies auf meiner Watchlist (beim aktien.guide) schaue, dann werden etliche dieser SaaS-Unternehmen auch nach ihrer mehr oder weniger heftigen Korrektur noch immer für EV/Sales-Multiple von 30 oder mehr gehandelt.
Klar, das sind TTM Zahlen die sich auf den Umsatz der letzten 12 Monate beziehen und diese Bewertungskennzahl schrumpft angesichts des stürmischen Wachstums dieser Unternehmen zügig - wenn denn das Wachstum zumindest noch einige Jahre auf dem hohen Niveau beibehalten werden kann.
Und da liegt der Knackpunkt:
Eine Snowflake Aktie beispielsweise wird auch nach der jüngsten 25% Korrektur bei einem Kurs von aktuell 300$ noch immer für einen Enterprise Value von über $88 Mrd. gehandelt. Das ist auf Basis des erwarteten Umsatz des bis Ende Januar laufenden Geschäftsjahres ein EV/Sales Verhältnis von weit über 70. Das wäre nur dann Ok, wenn das Unternehmen noch jahrelang mit ca. 100% im Jahr organisch wachsen würde.
Aber daran kann zumindest ich nicht glauben. Die Analysten erwarten schon für das kommende Geschäftsjahr eine Verlangsamung auf "nur" noch +66%. Alles andere würde auch dem “Naturgesetz” der großen Zahlen widersprechen.
Ähnliches gilt für Cloudflare, Datadog, Confluent und viele andere Cloud-Companies. Das sind allesamt phantastische Unternehmen, aber auf dem aktuellen Preisniveau m.E. noch keine guten Investments. Die Korrektur müsste hier noch viel tiefer gehen, damit die Aktien für mich wirklich interessant werden.
“Buy the Dip” kann sehr gefährlich sein
Es geht mir nicht um das Bashing dieser populären Lieblinge der Tech-Anleger. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass viele der SaaS Aktien auch nach deutlichen Kursverlusten immer noch bewertet sind wie von einem anderen Stern.
Sollten diese Unternehmen zu ganz normalen irdischen Unternehmen werden (weil die Wachstumsraten schneller als erwartet kleiner werden oder ein neuer Wettbewerber auftaucht oder der charismatische CEO abtritt oder oder oder), dann liegen die irdische Aktienkurse für diese Unternehmen weit unter den aktuellen Preisen.
“Buy the Dip” ist in solchen Fällen brandgefährlich. Ich kann Dir daher nur dazu raten, Dich mehr mit dem echten Wert “Deiner” Unternehmen in der realen Welt als mit den Aktienkursen zu beschäftigen. Denn die stellen ja nur ein flüchtiges Preisschild dar, das kurzfristig durch Angebot und Nachfrage an der Börse gebildet wurde.
Wer heute z.B. “Buy the Dip” mit der Tesla Aktie betreibt, der sollte eine klare Vorstellung davon haben, warum Tesla in einigen Jahren deutlich mehr wert sein wird als die heute aufgerufenen 1 Billion USD.
Ich respektiere übrigens durchaus die Meinung anderer Investoren, die sich viele Gedanken gemacht haben, zu einer anderen Einschätzung für den zukünftigen Wert dieser Unternehmen gelangen und mir vorwerfen, ich habe hier eine zu geringe Phantasie. Vielleicht stimmt das sogar. Die Zukunft wird es zeigen.
Weniger Respekt habe ich hingegen für die Anleger, die jetzt Tesla kaufen, "weil die Aktie gerade um 15% oder 20% gefallen ist und bestimmt wieder steigen wird".
Zeit für die Schnäppchenjagd?
Das Beste an dieser Marktphase ist, dass die heftige Korrektur der Tech-Aktien auch auf meiner Watchlist für viel Bewegung gesorgt hat. Einige der spannendsten Unternehmen, die mir bisher immer zu teuer waren, sind nun viel attraktiver geworden.
Besonders schlimm erwischt hat es in den vergangenen Tagen und Wochen einige Highflyer der vergangenen Jahre. Hier ein paar Beispiele von beliebten High-Growth-Unternehmen, die mittlerweile 70% - 80% von ihrem Höchstkurs verloren haben.
Ich finde Zoom, Upstart, Teladoc und Lemonade nach ihrer Neubewertung allesamt interessant. Diese 4 Aktien sind nun weit oben auf meiner Watchlist und ich habe mir vorgenommen, sie in den kommenden Wochen und Monaten näher zu analysieren. Gut möglich, dass es danach der ein oder andere dieser "Fallen Angel" in mein wikifolio schafft.
Was mich weiterhin sehr vorsichtig agieren lässt, das ist die Tatsache, dass die Tech-Riesen wie Apple und Microsoft bisher wie ein Fels in der Brandung stehen. Die sind aber aus meiner Sicht ebenfalls überreif für eine ernsthafte Korrektur, die Aktien dieser Tech-Riesen sind gemessen am EV/Sales heute um 150% teurer als vor 5 Jahren!
Was passiert, wenn diese Felsen anfangen zu bröckeln, das kann man sich leicht vorstellen:
Dann werden zunächst mal auch andere Tech-Aktien weiter abverkauft, selbst wenn das dann eine Übertreibung nach unten sein sollte. Aber davon sind wir derzeit noch weit entfernt.
Dennoch: Die Schnäppchenjagd ist bereits eröffnet! Ich gehe nun mit großer Motivation an die Analyse der "Fallen Angels" von meiner Watchlist. Selbstverständlich werde ich hier im Blog darüber berichten.
Wenn Du ganz sicher nicht verpassen willst, falls es eine Aktie tatsächlich neu in mein Portfolio schafft, dann kannst Du jetzt hier meinen kostenlosen High-Growth-Investing-Newsletter abonnieren.
Comments