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  • Stefan Waldhauser

Sind China Aktien (noch) investierbar?



Am Montag 14.03.2022 veröffentlichte JP Morgan ein vernichtendes Downgrade für 28 wichtige China Internet Aktien wie Alibaba, Tencent u.v.m. Die US Investmentbanker empfahlen ihren Kunden, China auf Sicht der nächsten 6-12 Monaten zu meiden und gaben sogar konkrete Empfehlungen zum Spekulieren auf weiter fallende Kurse bei etlichen Werten. Wen es interessiert: Hier einige Details zum Nachlesen.


JPMorgan ist also der Meinung, China Tech Aktien seien zumindest kurzfristig nicht investierbar:

We find China Internet unattractive on a 6-12 month view with an unpredictable share price outlook, depending on the market perception of China’s geopolitical risks, macro recovery and Internet regulation risk.

Ich kann nur noch den Kopf darüber schütteln, was die US Investmentbanker da so fabrizieren. Dieser Mega Downgrade von JPMorgan kam, nachdem der Nasdaq Golden Dragon China Index (der bildet die an US-Börsen notierten China-Aktien ab) innerhalb 12 Monate bereits um mehr als 70% gefallen war.



Besonders bitter für folgsame JPMorgan Kunden: Am Tag der Veröffentlichung des unsäglichen Reports erreichte der Golden Dragon China Index seinen bisherigen Tiefstand und hat sich seitdem in nur wenigen Handelstagen um mehr als 30% erholt.



Fazit: Wer als Investor auf die Ratschläge der US Investmentbanker vertraut, dem ist nicht mehr zu helfen.


Sollte man China Aktien ignorieren?


Vor 4 Jahren hatte ich mir hier im Blog schon mal die Frage gestellt, ob man es sich als Tech-Investor leisten kann, China-Aktien derart zu ignorieren, wie ich das bis 2018 getan hatte.


Zum damaligen Zeitpunkt schienen Alibaba und Tencent fest etabliert unter den Top 10 in der Liste der wertvollsten Unternehmen der Welt. Heute (Stand 17.3.22) ist Tencent auf Platz 17 abgerutscht und Alibaba ist noch nicht mal mehr in den Top 50 zu finden.


Ich war 2018 der Meinung, man müsste als Tech-Investor ohne China im Depot auf zu viele Wachstumschancen verzichten. Daher hatte ich mir damals vorgenommen, auch verstärkt in China nach Investment Cases zu suchen. Das hab ich in der Zeit danach auch getan.


Im 2. Halbjahr 2018 haben es die Dickschiffe Alibaba, Tencent und Baidu tatsächlich in mein wikifolio geschafft. Beim Stock Picking von China Werten aus der 2. Reihe bin ich allerdings zu keiner einzigen Kaufentscheidung gekommen. Denn ich hatte beim Research niemals das gute Gefühl, mich voller Begeisterung als echter “Mitunternehmer” fühlen zu können.


Ich war bei augenscheinlichen Unterbewertungen unsicher, ob ich den ausgewiesenen Geschäftszahlen trauen kann. Und ich konnte niemals wirklich einschätzen, wie groß die zusätzlichen politischen und regulatorischen Risiken der China-Investments in einer bestimmten Branche sein würden. Also hab ich letztendlich die Finger davon gelassen. Im Nachhinein war das natürlich eine gleichermaßen gute wie glückliche Entscheidung.

“Know what you own and know why you own it”

Ich versuche grundsätzlich nach diesem Credo von Peter Lynch zu investieren. Ich hatte auch im Falle Alibaba und Tencent nie wirklich eine hohe Überzeugung für diese Investment Cases entwickelt. Und ich hatte leider auch nicht wirklich das Gefühl, diese Konglomerate umfassend zu verstehen. In der Folge sind mangels High-Conviction daher zwischen 2019 und 2021 auch Tencent, Alibaba und zuletzt Baidu wieder aus meinem Portfolio geflogen.


ADR als Auslaufmodell


Auch mit den fragwürdigen ADR bzw. VIE Strukturen, über die China Aktien üblicherweise in USA gehandelt werden, konnte ich mich nie wirklich abfinden. Danach sind die Investoren nicht direkt in die operative chinesische Gesellschaft, sondern lediglich in eine Holding Company nach Recht der Cayman Islands oder Bermuda o.ä. investiert, die per Vertrag mit der chinesischen Gesellschaft die Gewinnabführung sicherstellt.


Viele Jahre lang hat dieses VIE/ADR Konstrukt kaum jemanden gestört, aber nun gibt es immer mehr Zweifel, ob diese Strukturen im Falle größer werdender Spannungen zwischen USA und China den Investoren wirklich Rechtssicherheit bieten können. Das Vertrauen von US Investoren in das ADR Konstrukt ist stark beschädigt.


Aber glücklicherweise scheinen ADRs ein Auslaufmodell zu sein. Denn mittlerweile gibt es immer mehr chinesische Unternehmen wie Alibaba, Baidu, JD.com oder Netease, die neben USA auch bereits in Hong Kong gelistet sind. In den kommenden Quartalen dürften die meisten anderen nachziehen.


Die Verwalter von China-Fonds sind in den vergangenen Monaten verstärkt dazu übergegangen, die ADRs in ihren Portfolios wo immer möglich gegen die in Hong Kong gehandelten Aktien der gleichen Unternehmen auszutauschen. Hier gibt's mehr Infos dazu von KraneShares, die ihren China Internet ETF ($KWEB) bis Ende 2022 komplett auf Hong Kong Shares umstellen wollen.


Fazit


Ich habe für mich persönlich entschieden, dass ich mir ein nachhaltig erfolgreiches Stock Picking chinesischer Aktien weder zutraue noch zumuten will. Daher werde ich trotz der zweifelsohne optisch niedrigen Bewertungen auch zukünftig keine China Tech Aktien mehr in das High-Tech Stock Picking wikifolio aufnehmen.


Meine Expertise liegt in der Analyse westlicher Technologieunternehmen. Da fühle ich mich zuhause, genieße aufgrund meiner beruflichen Vergangenheit bei US Software-Aktien sogar so etwas wie einen Heimvorteil. Und auch im Silicon Valley gibt es derzeit interessante Investmentchancen wie schon lange nicht mehr.


Ich kann gut verstehen, wenn einige von Euch auch weiterhin in China Tech investieren möchten. Von einem Kauf der in USA gehandelten ADRs möchte ich aufgrund der mangelhaften Rechtssicherheit abraten. Wer unbedingt China Einzelwerte kaufen will, der kann immer mehr Hong Kong Aktien auch an deutschen Handelsplätzen ordern.


Für mich persönlich ist das jedoch nichts. Ich werde in China Aktien zukünftig nur noch sehr bescheiden und ausschließlich via ETF investiert sein.


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Disclaimer


Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.




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