Tesla, Teladoc, Zoom - Vorsicht vor Highflyer Aktien in der Corona-Krise
Es ist gerade mal einen Monat her seit der Corona-Crash die Finanzmärkte mit voller Wucht getroffen und die Investoren weltweit geschockt hat. Das Corona Virus wütet nach wie vor rund um den Erdball und ganz langsam bekommen wir eine Vorstellung davon, wie lange es dauern wird, bis nach dem Shut-Down so etwas wie die neue Normalität einkehren wird.
In einem Beitrag für den DLF-Blog hatte ich in der vergangenen Woche öffentlich darüber nachgedacht, wie die Welt nach der Corona Pandemie aussehen könnte. Ich bin von meinem Naturell her eigentlich ein optimistischer Mensch. Dennoch gehöre ich zu den Leuten, die der Meinung sind, dass unsere Gesellschaft nachhaltig und dauerhaft verändert wird durch die Erfahrungen mit dieser Pandemie.
Vor diesem Hintergrund ist der NASDAQ Composite Index seit dem Tiefpunkt am 23. März innerhalb von nur 4 Wochen um 26% angestiegen und notiert nun nur noch wenige Prozentpunkte unter seinem Stand vom Jahresanfang. Mein High-Tech Stock Picking wikifolio hat sich seit dem Crash sogar schon wieder um 31% erholt.
Was ist davon zu halten?
Die weltwirtschaftliche Lage hat sich seit Jahresbeginn in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit verschlechtert, wir stehen sowohl in Europa als auch in USA vor einer schweren Rezession und zumindest die US-Börsen tun fast so als sei nichts gewesen.
Das bereitet mir große Sorgen. Die Aktienmärkte verhalten sich derzeit so irrational wie selten zuvor und sind getrieben von Momentum-getriebenen Spekulanten. Die kaufen ohne eine Betrachtung der realen Unternehmenswerte gut gelaufene Aktien - oftmals aus der Tech-Branche - und treiben sie damit weiter nach oben. Dies geht eine ganze Weile lang gut, aber das sind der Stoff aus dem die Blasen sind…
Beobachten kann man das sehr gut anhand der Entwicklung der Tesla Aktie und auch bei den Aktien von Zoom und Teladoc, die als Corona-Gewinner identifiziert und in die Depots vieler Privatanleger gespült wurden.
Tesla als Gewinner der Corona-Krise?
Die Tesla Aktie ist aktuell schon wieder in Richtung der alten Höchststände vor dem Corona-Crash unterwegs, das Unternehmen wird mit ca. $140 Mrd. bewertet. Das ist mehr als das 5-fache des Umsatzes.
Zum Vergleich: VW, BMW und Daimler werden jetzt in der Corona-Krise mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis in der Größenordnung von 0,2 bis 0,3 gehandelt.
Dabei ist Tesla zumindest für mich nicht einmal als klarer Profiteur der Krise zu erkennen. Denn Elon Musk hat mit seinem Team ja aktuell genauso mit runtergefahrenen Produktionslinien und zerbröselnden Lieferketten zu kämpfen wie die etablierten Autobauer.
Auch auf der Nachfrageseite sind die Probleme ähnlich. Ich höre immer wieder die Vermutung, Tesla könne seinen Technologievorsprung bzgl. Software in der Krise noch weiter ausbauen. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Denn die Entwickler, die für VW am neuen Betriebssystem für die E-Auto-Plattform arbeiten (und dabei offenbar immer noch vor riesigen Problemen stehen), können wohl genauso vom Homeoffice aus weiterarbeiten wie die meisten anderen Softwareentwickler auch. Oder sehe ich das falsch?
Der Finanzmarkt preist derzeit bei den Auto-Aktien ein Szenario ein, in dem die deutsche Automobilindustrie vor einem bitterbösen Ende steht, während Tesla große Teile des zukünftigen weltweiten Mobilitätsmarktes für sich erobern kann. Anders ist die aktuelle Bewertung nicht zu rechtfertigen.
Jeder, der die Tesla Aktie zu aktuellen Kursen kauft, der geht diese Wette ein. Ich denke das ist den wenigsten Tesla-Aktionären bewusst. Da werden einfach die Aktien mit dem größten Momentum gekauft - und dazu gehört aktuell wieder einmal Tesla.
Teladoc und Zoom - zwei Corona Mode-Aktien
Aber Tesla ist bei weitem nicht die einzige Aktie, die in den vergangenen Wochen von Momentum-Tradern auf aberwitzige Höhen getrieben wurde. Zwei Unternehmen, die von #StayAtHome massiv profitieren, sind der Telemedizin-Anbieter Teladoc und Zoom als Betreiber des gleichnamigen Videoconferencing-Services.
Teladoc Aktie
Teladoc wird bei Umsätzen von $553 Mio. (2019) mit $13 Mrd. bewertet. Das Unternehmen betreibt eine Telemedizin-Plattform, die rund um die Uhr Zugang zu Ärzten auf Abruf über Smartphone und Internet via Video und Telefon bietet.
Die Plattform verbindet seine Mitglieder mit einem Netzwerk von Ärzten und anderen Gesundheitsdienstleistern. Die meisten Einnahmen des Unternehmens werden via Subskription (pro Mitglied pro Monat) erzielt. Seit seiner Gründung hat Teledoc in erster Linie mit Arbeitgebern und Krankenkassen zusammengearbeitet, um deren Mitgliedern Zugang zu den Vertragsärzten zu bieten. Neuerdings bietet man seine Leistungen auch direkt dem Verbraucher an.
Ein solches Angebot erfährt in Zeiten des Corona-Virus wenig überraschend enormen Zulauf. Ich kann am Geschäftsmodell von Teladoc allerdings nicht erkennen, dass da irgendwelche größeren Markteintrittsbarrieren bestehen für neue Wettbewerber in der Telemedizin.
Teladoc hat diese Bedrohung längst erkannt und ist sehr aktiv beim Aufkauf möglicher Wettbewerber. Dadurch hat das Unternehmen in seiner Bilanz enorme Summen an Goodwill aufgebaut. Das sind die immateriellen Unternehmenswerte aus Akquisitionen, die mehr als 60% der Bilanzsumme ausmachen. Teladoc ist wohl auch zukünftig auf Akquisitionen angewiesen, um seine Position zu festigen. Das ist kein Geschäftsmodell an dem ich unbedingt beteiligt sein möchte. Schon gar nicht zu der aktuellen Bewertung.
Zoom Aktie
Ähnlich verhält es sich bei Zoom. Das Unternehmen hat ein einfach zu bedienendes und supergut funktionierendes Videoconferencing-Tool. Zoom war mit seinem IPO zur richtigen Zeit am richtigen Ort und hat durch #StayAtHome eine Sonderkonjunktur erlebt wie es sich das Management nicht in den kühnsten Träumen hätte vorstellen können. Aber ist das Unternehmen deswegen den aktuellen Enterprise Value von $41 Mrd. wert?
Sicherlich nicht!
Videoconferencing ist keine Rocket Science - es wird zukünftig immer mehr Wettbewerber geben, die Zoom in einen Preiskampf verwickeln werden. Innerhalb von 5 Jahren wird benutzerfreundliches Videoconferencing zu einer Commodity werden, d.h. zu einem austauschbaren Service, der von verschiedenen Anbietern in vergleichbarer Qualität angeboten wird. Zoom muss bis dahin andere Alleinstellungsmerkmal schaffen und sich in neue Märkte hinein entwickeln.
Jetzt hat man es aber erstmal mit sehr ernstzunehmenden Datenschutzskandalen zu tun. Zoom konnte nur deswegen anwenderfreundlicher sein als die Konkurrenz, weil man es mit dem Datenschutz an verschiedenen Stellen nicht allzu genau nahm. Nun hat man die weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen, erste Unternehmen und Regierungsorganisationen haben ein Zoom-Verbot ausgesprochen. Der aus China stammende Gründer und CEO hat alle Hände voll zu tun, dauerhaften Reputationsschaden abzuwenden.
Unter diesen Voraussetzungen erscheint die aktuelle Bewertung der Zoom-Aktie zum 65-fachen des Umsatzes aus 2019 irrsinnig. Aber das kümmert die Momentum-Trader nicht, die in dieser Börsenphase in Scharen unterwegs sind, um solche Aktien in immer neue Höhen zu treiben.
Bei Unternehmen wie Teladoc oder Zoom darf man sich als Anleger nicht von der Corona-Sonderkonjunktur blenden lassen, die diesen Firmen kurzfristig in 2020 atemberaubende Wachstumsraten bescheren.
Durch den Erfolg und den größeren Markt angelockt, werden hier sicherlich sehr schnell neue Konkurrenten in den Markt eintreten und auch die bestehenden Konkurrenten werden ihre Lösungen entsprechend verbessern, um einen ähnlichen Market Fit wie Teladoc oder Zoom zu erreichen.
Die gegenwärtigen Bewertungen dieser Aktien sind keine vernünftigen Einstiegspreise, ich kann vor solchen Spekulationen nur warnen.
Die Erholung des High-Tech Stock Picking wikifolios
Aber auch bei den weniger gehypten Aktien aus dem High-Tech Stock Picking wikifolio ist die Erholung der letzten Wochen für meinen Geschmack etwas zu schnell gegangen. Der Wert meines Musterportfolios ist seit dem Tiefpunkt im Crashs am 16.März um 31% angestiegen.
Werte wie Pluralsight, Pure Storage und Nutanix haben sich innerhalb von nur 4 Wochen um 67%, 40% bzw. 29% erholt. Und das in einem Umfeld, das sich makroökonomisch in den letzten Wochen in Rekordzeit eingetrübt hat.
Auch diese Unternehmen werden die Rezession zu spüren bekommen. Wie schlimm es kommt und wie lang die Flaute anhält, das kann derzeit niemand seriös prognostizieren - auch nicht das Management und schon gar nicht die Finanzanalysten.
Daher schmunzele ich regelmäßig, wenn ich jetzt die Anpassung von Kurszielen seitens der Investmentbanken sehe. Goldman Sachs hat gerade das Kursziel für die Nutanix-Aktie von 47$ auf 15$ reduziert. Jeder von Euch kann sich seine eigene Meinung bilden was solche Kursziele wert sind. Für mich bedeuten sie nichts.
Was bringt die anstehende Berichtssaison?
Die nun anstehende Berichtssaison wird diesmal besonders spannend. Nicht unbedingt wegen der Zahlen aus dem Q1. Sondern vielmehr aufgrund des Ausblicks auf das Q2 und neuen Einblicken in die an Corona angepassten Businesspläne.
Wie wollen die Unternehmen durch die Krise navigieren?
Wir können davon ausgehen, dass auch viele Tech-Unternehmen vom Growth-Modus in den Krisenmodus schalten. Das bedeutet Reduktion von Marketing- und Vertriebsaufwänden und Fokus auf Cashflow anstelle Umsatzwachstum.
D.h. etliche der bisherigen High-Growth-Unternehmen werden ihre Investoren in diesem Zusammenhang auf deutlich geringere Wachstumsraten in 2020 einstimmen müssen.
Ich bin mir nicht so sicher, ob diese schlechten Nachrichten wirklich schon komplett in den aktuellen Börsenkursen enthalten sind. Ehrlich gesagt rechne ich eher damit, dass der breiten Erholungsrallye der Tech-Aktien in der kommenden Berichtssaison die Puste ausgeht und wir zumindest für den Gesamtmarkt nochmals deutlich niedrigere Kurse sehen werden.
Ich bin recht optimistisch, dass sich in diesem Umfeld durch geschicktes Stock-Picking mittelfristig eine deutliche Outperformance erzielen lässt. Denn früher oder später wird die Rationalität an die Märkte zurückkehren.
Für diesen Zeitpunkt stelle ich mein High-Tech Stock Picking wikifolio auf und verzichte selbstverständlich weiterhin konsequent auf die Spekulation mit den kurzfristigen Gewinnern der Corona-Krise.
Es bleibt also spannend: wenn Du zukünftig die Entwicklung der Tech-Märkte weiter gemeinsam mit mir verfolgen willst, dann kannst Du jetzt hier meinen High-Growth-Investing-Newsletter abonnieren.