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  • Stefan Waldhauser

Coinbase Aktie: Kosten laufen aus dem Ruder



Die Aktie von Coinbase hat wie viele andere Technologieaktien in den vergangenen Monaten einen schlimmen Crash hingelegt. Seit den anfänglichen Kursen beim IPO vor gerade mal 13 Monaten hat das führende Unternehmen der Krypto-Industrie mittlerweile weit über 80% an Wert verloren.



Ich hatte Coinbase im Sommer letzten Jahres als vermeintlich bessere Alternative zu einem direkten Investment in Bitcoin und Co. ins Depot genommen. Es war beabsichtigt, die Aktie des "Krypto-Schaufelverkäufers" langfristig zu halten. Hier eine kurze Zusammenfassung der Gründe, die mich jetzt dennoch dazu bewegt haben, die Coinbase Aktie mit hohem Verlust zu verkaufen.


Coinbase Zahlen zum Q1 2022


Coinbase hat miserable Zahlen für das 1. Quartal 2022 vorgelegt. Ich hatte ja angesichts der Kursrückgänge bei den Kryptowährungen mit schwachen Zahlen und einem Verlust gerechnet. Aber die Höhe der roten Zahlen und vor allem der Umgang des Managements mit der schwierigen Situation hat mich dann doch erstaunt.


Die Umsatzentwicklung bei Coinbase im Q1 2022 ist mit einem 27% Rückgang gegenüber dem Vorjahresquartal auf $1,165 Mrd. wenig überraschend. Denn 87% der Umsätze kommen (noch) aus dem Handel mit Kryptowährungen. Daher ist klar, dass der Coinbase Gesamtumsatz stark mit den Entwicklungen der wichtigsten Krypto-Kurse korreliert.



Was mich hingegen wirklich negativ überrascht hat, das ist die jüngste Kostenentwicklung:


Die operativen Kosten bei Coinbase haben sich in den letzten 12 Monaten mehr als verdoppelt. Sie waren in fast allen Bereichen höher als ich erwartet hätte: Die Transaktionskosten betrugen zuletzt 24% vom Umsatz (Vj 15%), die Kostenquote für Technologie und Entwicklung betrug im Q1 2022 fast 50%. Auch die G+A Kosten (Verwaltungs- und Compliance) sind im letzten Quartal nochmals regelrecht explodiert und haben sich gegenüber Vorjahr mehr als verdreifacht.


Alleine im letzten Quartal wurden mehr als 1.200 Mitarbeiter neu eingestellt, die Anzahl der Coinbase Mitarbeiter hat sich in den letzten 12 Monaten damit ebenfalls mehr als verdreifacht.


Diese Daten belegen was der CEO Brian Armstrong auch im Analystencall nochmals bestätigt hat:

“We’re greedy when others are fearful."

Soll heißen: Mit den noch üppigen Cash Reserven von über $6 Mrd. im Rücken (Stand Ende Q1) investiert Coinbase auch weiterhin äußerst aggressiv in zukünftiges Wachstum. Das Management akzeptiert damit, 2022 hohe operative Verluste auszuweisen. Zumindest falls die Schwäche der Krypto-Märkte in einem Umfeld von Inflation, Zinsanstieg und möglicher globaler Rezession weiter anhält.


Im Q1 2022 stand für Coinbase unterm Strich trotz eines marginal positiven Adjusted EBITDA ein Nettoverlust von $430 Mio. Die Cash Reserven verringerten sich innerhalb eines einzigen Quartals um ca. 1 Mrd. USD!


Das laufende 2. Quartal 2022 dürfte sogar noch trüber aussehen, da der Umsatz nochmals sinken könnte und die Ausgaben weiter kräftig gesteigert werden - anstatt auf die Kostenbremse zu treten.


Ein finanzielles Ziel von Coinbase für das Gesamtjahr 2022 ist es, den Adjusted EBITDA Verlust auf $500 Mio. zu begrenzen. Das könnte bei anhaltend miesem Krypto Umfeld dann durchaus auf einen Nettoverlust von $2 Mrd. bei einem Umsatz von ca. $4 Mrd. für 2022 hinauslaufen.


Der CEO Brian Armstrong als Krisenmanager


Der Co-Founder und CEO Brian Armstrong scheint so etwas wie Demut vor der Kraft der Märkte nicht zu kennen. Er zieht sein Ding durch und will mit Coinbase aus einem evtl. anstehenden Krypto-Winter gestärkt und als unangefochtener Marktführer der Krypto-Industrie hervorgehen. Das ist ihm in den vergangenen 10 Jahren in früheren Schwächephasen ja auch gut gelungen.


Was aber passiert, wenn aus einem vorübergehenden kurzen Krypto-Winter eine kleine Eiszeit wird, die etwas länger anhält?


Brians Selbstbewusstsein gefällt mir grundsätzlich: er ist ein Typ ähnlich wie Mark Zuckerberg oder Elon Musk. Solche Menschen können durch ihren Hang zum Größenwahn wirklich etwas verändern können auf diesem Planeten. Aber im aktuellen makroökonomischen Umfeld ist dieser Charakterzug auch brandgefährlich für sein Unternehmen und die mit ihm verbundenen Aktionäre.


Dazu kommt, dass Brian klar gemacht hat, dass er in der Marktschwäche eine aggressive M+A Strategie fahren wird. D.h. die derzeit noch vor Cash strotzende Coinbase Bilanz könnte nicht nur durch kommende operative Verluste, sondern auch durch größere Übernahmen geschwächt werden.


Insgesamt entspricht Brians Art, Coinbase durch diese Krypto-Krise zu führen, nicht unbedingt dem, was ich von einem vernünftigen Risikomanagement erwarte. Diese Kiste ist mir schlicht und einfach zu heiß geworden.


Fazit


Ich habe mich dazu entschlossen, schmerzhafte Verluste zu realisieren und die Coinbase Aktie aus dem wikifolio zu verkaufen.


Der aggressive Wachstumskurs von Coinbase könnte in einem sich wieder beruhigenden Marktumfeld durchaus erfolgreich sein. In diesem Fall werde ich eine Vervielfachung der Coinbase Aktie wohl verpassen.


Aber ich bin nicht vollständig überzeugt, dass dieses positive Szenario eintritt. Im Sinne einer Risikobegrenzung in dieser herausfordernden Marktphase für Tech Aktien musste ich daher jetzt die Reißleine ziehen. Schwierige Zeiten und meine mir selbst auferlegte "Rule of 30" verlangen harte Entscheidungen.


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