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  • Stefan Waldhauser

Kommentar zur Übernahme von Slack durch Salesforce


Nun ist es also tatsächlich passiert, Salesforce hat die Übernahme von Slack bekanntgegeben. Die Akquisition erfolgt beträgt rechnerisch zu einem Enterprise Value von $27,7 Mrd. Der Preis soll jedoch nur zum Teil in bar (26,79$ je Slack Aktie) bezahlt werden. Dazu erhalten Slack-Aktionäre je Aktie 0,0076 Salesforce-Aktien im Wert von 18,73$ (Stand 1.12.2020).


Das entspricht also einem Übernahmepreis von ca. 45,50$ pro Slack-Aktie. Dieser rechnerische Preis schwankt ab sofort gemeinsam mit dem Kurs der Salesforce-Aktie.


Die Slack Aktie, die sowohl im High-Tech Stock Picking wikifolio als auch im Portfolio von The Digital Leaders Fund zu den Top10-gewichteten Werten zählt, schoss aufgrund der bekannt gewordenen Gespräche im Vorfeld des Deals in den vergangenen 2 Wochen um über 80% hoch.


Dennoch kann ich mich nicht wirklich freuen und sehe diesen Deal auch mit mindestens einem weinenden Auge.



Mehrere Leser fragten, ob ich diesen Deal voraussehen konnten. Denn beim letzten Slack Update vom Juli 2020 hier auf dem DLF-Blog hatte ich folgendes Fazit gezogen


“ Slack erfüllt drei ganz wichtige Kriterien, die erfolgreiche Software-Investments auszeichnen:

1. Die Kunden lieben das Produkt. 2. Die Mitarbeiter stehen hinter ihrer Firma und dem CEO Stewart Butterfield. 3. Es gibt gleich mehrere potentielle Käufer, die bei passender Gelegenheit gerne einen strategischen Preis für das Unternehmen bezahlen würden.

Aber selbstverständlich konnte auch ich den jetzt bevorstehenden Deal - zumindest vom Timing her- nicht vorhersehen.


Allerdings war Salesforce tatsächlich einer der offensichtlichen Kandidaten für eine mögliches Übernahme.


Salesforce braucht Slack


Denn Salesforce versucht seit Jahren vergeblich, mit dem eigenen Chatter Produkt eine Alternative zu Slack bei seinen Kunden zu etablieren. Jedoch ist Chatter nicht konkurrenzfähig und wird von den Salesforce-Anwendern ungern oder gar nicht genutzt.


Marc Benioff, CEO von Salesforce, ist spätestens seit den Übernahmen von MuleSoft ($6,5 Mrd. in 2018) und Tableau ($15,7 Mrd. in 2019) dafür bekannt, auch gerne strategische Preise zu bezahlen, wenn er eine Schwäche in seinem Portfolio erkannt hat und einen passenden Übernahmekandidaten wirklich haben will.


Mit Slack kann er nicht nur das ungeliebte Chatter beerdigen können, sondern - im Gegensatz zu Tableau - kann er eine echte Growth-Engine akquirieren, die das Wachstum des Salesforce-Konzerns auf viele Jahre hinaus befeuern wird. Und Slack wird zudem dabei helfen, die angestaubte User Experience von Salesforce zu modernisieren.


War Google zu langsam?


Dennoch hatte ich ehrlich gesagt nicht auf Salesforce, sondern auf Google als wahrscheinlichsten Käufer für Slack getippt.


Denn dort ist Thomas Kurian, der Chef der Google Cloud Plattform, seit 2019 ganz offiziell auf Shopping-Tour für Google Cloud. Die Kombination von Slack mit der Google G-Suite würde eine famose Kombination ergeben und eine echte Alternative zu Microsoft für die Bürokommunikation aus einer Hand erschaffen.


Nun ist es anders gekommen.


War Salesforce eventuell einfach nur schneller mit ihrem Angebot als die Google Mutter Alphabet?


Wie ist der Preis einzuschätzen?


Slack wird im bis zum 31. Januar 2021 laufenden Geschäftsjahr FY21 einen Umsatz von ca. $900 Mio. erzielen. Im kommenden Geschäftsjahr rechnet man dann mit einem Umsatz von mehr als $1,2 Mrd.


Die Bruttomarge bei Slack beträgt überragende 87% und liegt somit weit über den 67% bei Salesforce. Dies ist - neben einer hohen Wachstumsrate, die aktuell bei ca. 50% liegt - die alles entscheidende Kennzahl, um einen außergewöhnlich hohen Verkaufspreis zu rechtfertigen.



Angesichts eines Preises von $27,7 Mrd., d.h. dem ca. 30-fachen des aktuellen Umsatzes, war es nahezu unmöglich, das Angebot von Salesforce auszuschlagen.


Eine solche Entscheidung über den Verkauf von Slack erfolgte nicht nur nach dem persönlichen Interesse des Gründers.


Stewart Butterfield dürfte von seinen Investoren und auch altgedienten Mitarbeitern durchaus Druck verspürt haben, auf einen solchen Deal einzugehen. Denn der bedeutet in der Regel u.a. die vorzeitige Zuteilung einer großen Anzahl von Aktienoptionen und dürfte viele Slack-Mitarbeiter über Nacht zu Millionären machen.


Was halte ich von der Slack Übernahme durch Salesforce?


Ich freue mich natürlich als Investor über die Kursexplosion der Slack Aktie in meinem Depot. Aber ich stehe diesem Zusammenschluss mit Salesforce dennoch recht skeptisch gegenüber.


Zu unterschiedlich sind die Unternehmenskulturen.


Da ist auf der einen Seite Salesforce, das seinen aggressiven Expansionskurs seit Jahren durch teure Übernahmen vorantreibt.


Parallel dazu haben sie gezielt den Lock-In der Bestandskundschaft vorangetrieben. Soll heissen: Für Salesforce gilt zunehmend analog zu SAP und Oracle: Viele Enterprise Kunden hassen diese Software, aber sie können nicht mehr ohne sie leben und der Wechsel zu einem anderen Anbieter ist so kompliziert, dass kaum ein IT-Manager die Verantwortung für ein solches Migrationsprojekt übernehmen möchte.


Auf der anderen Seite steht Slack mit seinem Freemium-Geschäftsmodell als Wachstumsmotor, das die virale Verbreitung der Slack-Services auf ziemlich geniale Weise forciert. Slack gehört zu den “Good Guys” in der Softwareindustrie, die sich mit fairem Pricing und Abo-Modellen ohne Kündigungsfristen einen sehr guten Ruf bei ihren Kunden sowohl auf der kaufmännischen Seite als auch unter Entwicklern erarbeitet haben.


Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine solche Kultur unter der Eigentümerschaft von Salesforce weiterleben kann. Was das für die Fluktuation in der Slack-Belegschaft bedeutet, das kann man sich leicht vorstellen.


Apropos: dieser Deal ist auch deswegen interessant für Salesforce, weil sich unmittelbare Synergieeffekte durch den Abbau von Mitarbeitern heben lassen.


Beispiel: Den Slack-eigenen Vertrieb wird man mittelfristig kaum noch benötigen. Die Vertriebs- und Marketingkosten bei Slack betrugen in den vergangenen 12 Monaten über 50% der Umsätze. Da lässt sich das allermeiste davon einsparen… Das ist der Stoff aus dem die Übernahmeträume sind und diese unmittelbaren Einsparmöglichkeiten sind der wahre Grund, warum sich abenteuerlich aussehende Kaufpreise für die Softwareriesen dennoch rechnen.


Fazit


Die Übernahme von Slack ist ein toller Schachzug von Marc Benioff und für Salesforce Aktionäre trotz eines wahrlich sportlichen Preises strategisch sehr positiv zu sehen.


Aus der Sicht des langfristig orientierten Slack Aktionärs bedaure ich den Deal zum jetzigen Zeitpunkt. Ich bin davon überzeugt, dass hier auch ohne Salesforce etwas wirklich Großes hätte entstehen können, falls man Slack weitere 10 Jahre Zeit zur unabhängigen Entwicklung gegeben hätte.


Aus der Sicht des begeisterten Slack-Kunden hasse ich diesen Deal. Denn ich befürchte damit wird viel der Innovationskraft bei Slack verlorengehen. Zudem erwarte ich unter der Herrschaft von Salesforce umfangreiche Preiserhöhungen für die Slack Services.


Wir werden sehen wie die Integration läuft… es bleibt spannend.


In meinem High-Tech Stock Picking wikifolio sind noch etliche andere Übernahmekandidaten zu finden. In einem kommenden Blog-Beitrag werde ich mal etwas systematischer darauf eingehen, wie sich solche Akquisitionsziele identifizieren lassen.


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