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  • Stefan Waldhauser

Ist die Microsoft Aktie reif für einen (Wieder-) Einstieg?



Kaum ein Technologieunternehmen hat im noch jungen Börsenjahr 2023 schon so viele positive wie negative Schlagzeilen gemacht wie Microsoft. Von der geplanten $10 Mrd. Investition in die KI des angeblichen Google-Killers ChatGPT bis hin zur größten Entlassungswelle seit vielen Jahren.


Es bewegt sich einiges beim Tech-Riesen.



Die Microsoft Aktie notiert derweil mehr als 30% unter ihren ehemaligen Höchstständen Ende 2021. Das sind Gründe genug, um mit diesem Beitrag mal wieder etwas näher auf die Microsoft Aktie zu schauen.


Zur Erinnerung: Microsoft war vom Start des High-Tech Stock Picking wikifolio 2016 bis Ende 2019 ein fester Bestandteil meines Musterportfolios. Dann habe ich bei einem Kurs von ca. 140$ und einem Enterprise Value von damals ca. $1.000 Mrd. schöne dreistellige Gewinne realisiert. Zwei Jahre zu früh, wie wir heute alle wissen: Denn die Microsoft Aktie stieg im allgemeinen Tech-Hype weiter auf für mich damals unvorstellbare Kurshöhen bei fast 350$. Auch heute nach dem Kursrutsch wird Microsoft noch zu einem Enterprise Value von über $1.700 Mrd. gehandelt.


Aber wie geht es weiter mit Microsoft? Der umtriebige CEO Satya Nadella hat in den ersten Wochen des Jahres wichtige Weichen gestellt, um den Konzern auch im erwartet schwierigen Umfeld auf Erfolgskurs zu halten:


Investition in OpenAI / ChatGPT


Seit einigen Wochen sorgt der auf künstlicher Intelligenz (AI) basierende Chatbot ChatGPT für Furore. Einige Marktbeobachter sehen in dem Tool sogar schon einen Google Killer. Ich selbst habe ein wirklich interessantes Interview mit der KI von ChatGPT zum Thema Investieren am Aktienmarkt geführt und bin nach wie vor schwer beeindruckt.


Das Unternehmen, das hinter ChatGPT steckt, ist OpenAI. Das ist ein ursprünglich gemeinnütziges Forschungsprojekt, welches von Elon Musk und anderen Unternehmern 2015 begründet wurde. Microsoft hat vor einigen Jahren dort $1 Mrd. investiert und ist jetzt wohl in fortgeschrittenen Gesprächen, für weitere $10 Mrd. de facto die Kontrolle an OpenAI zu übernehmen - auch wenn offiziell "nur" von einer 49% Beteiligung die Rede ist.


Die im Raum stehende Bewertung von $29 Mrd. für OpenAI ist extrem sportlich für eine Company ohne validiertes Geschäftsmodell. Dennoch könnte das ein sehr bedeutsamer und strategisch richtiger Move für Microsoft sein.


Denn falls das in den vergangenen Jahren so stürmische Wachstum der Microsoft Azure Cloud Services deutlich zurückgehen sollte, dann wird es eng für die Bewertung des Gesamtkonzerns. Daher ist es für Microsoft unendlich wichtig, das Cloud-Wachstum hochzuhalten. Der vielleicht wichtigste Hebel im direkten Wettbewerb mit Amazon AWS und GCP (Google Cloud Platform) ist die Qualität und Funktionalität der in der Public Cloud angebotenen Services.


Daher ist es für Microsoft so bedeutsam, sich mit der OpenAI Technologie vielleicht entscheidend zu verstärken. Die Investition mit dem (exklusiven?) Zugriff auf ChatGPT könnte m.E. sogar eine der besten Investitionen in der Unternehmensgeschichte werden. Denn man schafft damit u.U. einen echten Wettbewerbsvorteil gegenüber Amazon AWS im Wettbewerb um die AI Workloads.


Im Übrigen arbeitet Microsoft schon seit Jahren eng und teilweise exklusiv mit OpenAI zusammen. Diese Partnerschaft sollte man auch im Zusammenhang mit GitHub betrachten.


Zur Erinnerung: 2018 hat Microsoft die OpenSource Entwicklungsplattform GitHub für atemberaubende $7,5 Mrd. übernommen. Ich hatte diesen Deal damals hier kommentiert. Seit 2022 ist der GitHub Copilot verfügbar, der auf Basis des Sprachenmodells GPT von OpenAI entwickelt wurde. Das KI-Tool soll Entwicklern bei der Erstellung von Software-Codes zur Hand gehen und diese produktiver machen. Das funktioniert zunächst über die Autovervollständigung. Beginnt der Nutzer mit der Eingabe von Code, so macht GitHub Copilot ihm verschiedene Vorschläge, wie dieser Code vollständig aussehen könnte.



Nun geht Microsoft in der Partnerschaft mit OpenAI einen großen Schritt weiter. Denn Microsoft Azure bietet ab sofort nach langer Betaphase für jedermann einen OpenAI Service mit dem programmatischen Zugriff auf die Technologie hinter ChatGPT an. Dieser Big Point im Kampf um die AI Workloads in der Public Cloud geht also an Microsoft.


Es wird spannend sein zu beobachten, was die anderen Public Cloud Provider dem an eigenen AI Services entgegenzusetzen haben. Google bzw. deren Tochter DeepMind ist da sicherlich einiges zuzutrauen. Insbesondere Amazon könnte mit AWS allerdings unter Druck geraten und evtl. Marktanteile gegen Microsoft (und Google) verlieren.


Massenentlassungen bei Microsoft


Wenn man in diesen Tagen über Microsoft schreibt, dann kommt man natürlich auch nicht umhin, die laufende Entlassungswelle zu thematisieren. Im Oktober 2022 trennte man sich von 1.000 Mitarbeiter, das war damals keine allzu große Nachricht. Nur 3 Monate später folgt nun der Hammer: 10.000 Leute, das sind immerhin knapp 5% der Beschäftigten, müssen in den kommenden 3 Monaten Microsoft verlassen. Das ist die größte Entlassungswelle seit 8 Jahren Die Layoffs kosten viel Geld: Bei den nächsten Quartalszahlen wird Microsoft Restrukturierungskosten (vor allem für Abfindungen) von $1,2 Mrd. ausweisen.


Die Entlassungen betreffen leider offenbar besonders viele Entwickler. Das macht mir die größten Sorgen. Denn dieser Schritt ist natürlich nicht gut für das Innovationsklima im Unternehmen. Noch schlimmer als der Verlust der Ressourcen ist die Wirkung dieser Hire+Fire Mentalität auf die verbleibenden 95% der Belegschaft. Die Loyalität dürfte leiden. Erfahrungsgemäß verlassen nach einer solchen Welle von Entlassungen auch viele der besten Mitarbeiter freiwillig das betroffene Tech-Unternehmen.


Der Grund für die Entlassungen bei einem so hochprofitablen Unternehmen: Microsoft ist dazu verdammt, die Gewinne und Cashflows immer weiter zu steigern, um den Aktienkurs zu stabilisieren. Die Voraussetzungen dafür muss man aktuell vor allem auf der Kostenseite schaffen. Denn es fehlt an Umsatzzuwachs: Für das im Dezember 2022 abgelaufene Quartal schätzen die Analysten nur noch ein marginales Wachstum von gerade mal 2%.


Wie groß ist das Potential der Microsoft Aktie in den kommenden Jahren?


Ich traue Microsoft in den kommenden 5 Jahren maximal ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 10% p.a. zu. Das hört sich bescheiden an, aber 10% Wachstum bei Microsoft bedeutet angesichts der monumentalen Größe des Konzerns einen Umsatzzuwachs von $20 Mrd. p.a. Viel mehr ist sicherlich nicht drin, es sei denn man stemmt wirklich große Übernahmen.


Falls Microsoft in den kommenden 5 Jahren um 10% p.a. wächst, dann würde man bis 2027 ca. $330 Mrd. Umsatz erzielen. Bei einer gleichbleibend hohen Free Cashflow Marge von gut 30% bzw. einem Rule-of-40-Score von 40-45% würde ich ein EV/Sales-Verhältnis von 6-7 für angemessen halten.


Damit wäre 2027 ein Enterprise Value von $2 Bio. gut vorstellbar. Heute beträgt der Enterprise Value von Microsoft 1,7 Bio. Das bedeutet also ein sehr bescheidenes Potential für die Microsoft Aktie in den kommenden Jahren.


Viel mehr ist wohl nur drin bei einem deutlich höheren Bewertungsmultiple wie zwischen 2020 und 2022. Ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, dass Tech-Aktien in Zeiten eines sich normalisierenden Zinsniveaus nochmals so teuer werden wie sie zu Zeiten des kostenlosen Geldes waren.


Eine höhere Bewertung könnte nur dann gerechtfertigt sein, falls der Profit viel schneller steigt als der Umsatz, so dass die Microsoft Aktie aus Sicht des KGV bzw. EV/FCF-Verhältnis (hier einfach erklärt!) attraktiv wird.


Aber ein aktuelles KGV von 26 bzw. EV/FCF von 28 ist zumindest derzeit alles andere als günstig für ein Unternehmen, das in den kommenden Jahren meiner Meinung nach um max. ca. 10% p.a. wächst.


Fazit


Die Microsoft Aktie ist für meinen Geschmack auch nach 30% Kursrückgang mit einem EV/Sales Verhältnis von über 8 noch nicht wirklich preiswert. Ich sehe ein weiteres Rückschlag Risiko von ca. 20%.


Der überaus smarte CEO Satya Nadella weiss das natürlich ganz genau und kann die hohe Bewertung 2023 nur durch eine kräftige Steigerung der Profite rechtfertigen. Denn über eine Umsatzsteigerung wird es nicht gelingen angesichts schwächelnder Märkte und wohl nur noch marginalem Wachstum im abgelaufenen Quartal.


Die Analysten sehen in den kommenden Quartalen eine Beschleunigung des Wachstums auf +12% in 2024. Ich bin da skeptischer und sehe ein hohes Risiko, dass das nicht erreichbar ist. Dann müssten die Analystenschätzungen nach unten revidiert werden. Damit könnten die bisher noch stattlichen Bewertungsmultiplen unter Druck geraten.


Folgerichtig ist die Microsoft Aktie aktuell kein Thema für mein Portfolio. Ich werde den Tech-Riesen weiterhin nur von der Seitenlinie aus beobachten. Wenn Du die weitere Entwicklung bei Microsoft gemeinsam mit mir weiterverfolgen möchtest, dann kannst Du jetzt hier meinen Newsletter abonnieren.


Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

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